Verbesserte Gesundheit und Fitness – das versprechen Ernährungstrends in den sozialen Medien. Doch was steckt hinter „Clean Eating“? Eine Ernährungsberaterin klärt auf.
Auf Social Media folgt ein Fitness- und Ernährungstrend, wie zum Beispiel Rückwärtslaufen, auf den nächsten und verspricht meistens mehr Gesundheit und schnelle Gewichtsverluste. Das Phänomen „Clean Eating“ gibt es zwar schon seit etwa 2008, feiert jedoch auf TikTok, Instagram und Co sein Revival. „Clean Eating“ bedeutet, kaum bis keine verarbeiteten Lebensmittel zu essen und stattdessen selber mit Bioprodukten zu kochen. Eine Faustregel: keine Produkte zu verwenden und zu essen, die mehr als fünf Zutaten beinhalten.
Ernährungsberaterin Wiebke von Atens-Kahlenberg vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie erklärt gegenüber BuzzFeed News Deutschland, einer Marke von IPPEN.MEDIA: „Grundsätzlich ist die Idee, den Verzehr industriell hergestellter Fertigprodukte zu reduzieren, nicht verkehrt.“ Dennoch hat sie einige Bedenken.
Ernährungsberaterin erklärt, was hinter „Clean Eating“-Trend auf TikTok steckt
Die Faustregel des TikTok-Trends findet die Ernährungsberaterin zum Beispiel „zu pauschal“. Hochwertige Produkte könnten durchaus mehr als fünf Zutaten enthalten und dennoch Teil einer guten Ernährung sein. „Den Begriff ‚Clean Eating‘ finde ich schwierig. Er impliziert den Ausschluss beziehungsweise das Verbot von Lebensmitteln, die als ‚ungesund‘, ‚unrein‘ und ‚schmutzig‘ angesehen werden, wie zum Beispiel Zucker oder Zusatzstoffe. Lebensmittelverarbeitung wird als grundsätzlich schlecht dargestellt“, erklärt von Atens-Kahlenberg.
„Für mich persönlich wäre ‚Clean Eating‘ eher eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung mit einem hohen Anteil an frischen pflanzlichen Lebensmitteln und hochwertigen pflanzlichen Fetten, das Ganze ergänzt durch kleinere Mengen an naturbelassenen Milchprodukten“, sagt die Ernährungsberaterin BuzzFeed News Deutschland.
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„Clean Eating“ Trend kann im Extremfall zu Essstörungen führen
„Clean Eating“ könne zu einer bewussteren und ausgewogeneren Ernährung anregen, den Verzicht auf hoch verarbeitete Produkte fördern und für „mehr Wertschätzung für qualitativ hochwertige Lebensmittel“ sorgen, erklärt die Ernährungsberaterin. Sogar das Kochen, das der Trend so betone, könne als Gemeinschaftserlebnis zur Gesundheit beitragen.
Trotz dieser Vorteile sei Vorsicht geboten: „Versprechen wie einfaches Abnehmen, mehr Fitness und verbesserte Gesundheit alleine durch ‚Clean Eating‘ sind nicht wissenschaftlich belegt“, erklärt von Atens-Kahlenberg BuzzFeed News Deutschland. Auch beim Intervallfasten sind gesundheitliche Vorteile nicht eindeutig nachgewiesen.
Lebensmittel wie Chiasamen oder Avocado würden zwar bei „Clean Eating“ angepriesen werden, seien aber nicht besonders nachhaltig, da sie einen langen Transportweg hinter sich hätten. Außerdem könne die Einteilung von Lebensmitteln in „gut und schlecht […] Schuldgefühle verursachen oder verstärken“, was zusätzlich durch Worte verstärkt werde, „die Lebensmittel oder Zutaten mit emotionaler Sprache beschreiben“, sagt die Ernährungsberaterin.
Das europäische Informationszentrum für Lebensmittel (eufic) warnt, dass „Clean Eating“ eine „negative Beziehung“ zu Nahrungsmitteln hervorrufen könne, die im Extremfall zu Essstörungen wie Orthorexia nervosa führe. Dabei handelt es sich um eine ungesunde Besessenheit, gesund zu essen. Betroffene Personen beschränken ihre ‚Diät‘ häufig auf eine reduzierte Anzahl von Nahrungsmitteln, die sie für ‚rein‘ und ‚sauber‘ halten. „Dieses Verhalten, das in den letzten Jahren immer häufiger auftritt, hat sich als schädlich für die Gesundheit, aber auch das Berufsleben und die Teilnahme am sozialen Leben gezeigt“, so die eufic.
Ernährungsberaterin empfiehlt „abwechslungsreiche, ballaststoffreiche Kost“
Wie sieht eine gute und gesunde Ernährung aus? Von Atens-Kahlenberg gibt Tipps: „Natürlich ergibt es Sinn, sein Essen möglichst selber frisch zuzubereiten und industriell hergestellte Fertigerzeugnisse mit einer langen Zutatenliste und hohen Anteilen an ungesunden Fetten, Zucker, Salz und Zusatzstoffen eher selten zu verzehren“, sagt die Ernährungsberaterin BuzzFeed News Deutschland. Sie würden das Risiko für Übergewicht oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Das bedeute allerdings nicht, dass hoch verarbeitete Lebensmittel alleine krankmachen würden. Wichtiger, als der Verarbeitungsgrad, seien die Inhaltsstoffe selbst. „Reichlich Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe“, sowie pflanzliche Fette dürften in der Ernährung nicht fehlen.