Supermärkte wollen keine Spendenpflicht für Lebensmittel

Supermärkte wollen keine Spendenpflicht für Lebensmittel

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Der Bürgerrat Ernährung empfiehlt verpflichtende Lebensmittelspenden. Lidl, Rewe und der Handelsverband Lebensmittel sehen den „Löwenanteil der Verluste“ an ganz anderer Stelle.

Abgelaufene Lebensmittel, die noch genießbar sind, gehören nicht in die Tonne, findet der „Bürgerrat Ernährung“. Entsprechend ist eine seiner neun Empfehlungen die verpflichtende Weitergabe von genießbaren Lebensmitteln durch den Lebensmitteleinzelhandel. Supermärkte und andere Lebensmittelgeschäfte ab einer Größe von 400 Quadratmetern Verkaufsfläche sollen verpflichtet werden, noch genießbare Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden, an gemeinnützige Organisationen weiterzugeben.

Am 12. April 2024 diskutiert die Grünen-Fraktion im Bundestag über diese und andere Empfehlungen des Bürgerrats. Für den Präsidenten des Handelsverbands Lebensmittel (BVLH) Björn Fromm, ist schon jetzt klar: „Eine Spendenpflicht für den Lebensmittelhandel ist kein neuer Vorschlag“, sagt er BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. „Sie wurde bereits in den letzten Jahren diskutiert und es wurde ein anderer Weg gewählt.“

Mehr zum Thema: Weshalb der BVLH auch von straffreiem Containern gegen Lebensmittelverschwendung nicht viel hält.

Verpflichtende Lebensmittelspenden: Was halten Lidl und Rewe davon?

Was Fromm damit meint, ist der Pakt gegen Lebensmittelverschwendung, den 14 Lebensmittelunternehmen, darunter Aldi, Lidl oder Rewe und der Handelsverband Lebensmittel (BVLH) im Juni 2023 mit dem Bundesministerium für Ernährung (BMEL) geschlossen haben. Er soll die Lebensmittelabfälle des Lebensmittelhandels bis 2030 halbieren.

Um das zu erreichen, haben sie sich die Lebensmittelhändler mehrere selbstverpflichtende Maßnahmen auferlegt. Eine der Selbstverpflichtungen: An mindestens 90 Prozent ihrer Geschäftsstandorte eine Kooperation mit einer vorrangig gemeinnützigen Organisationen zur Weitergabe noch verzehrfähiger Lebensmittel eingehen.

Container bei einem Supermarkt (Archivbild). © viennaslide/IMAGO

Sind das nicht genau die verpflichtenden Lebensmittelspenden, die der Bürgerrat Ernährung fordert? „Die Empfehlung des Bürgerrats wird von Lidl bereits seit Jahren umgesetzt“, sagt ein Sprecher der Supermarktkette BuzzFeed News Deutschland. Im Jahr 2023 hätten 98 Prozent der Lidl-Standorte mit den örtlichen Tafeln oder anderen gemeinnützigen Organisationen zusammengearbeitet.

Auch Rewe teilt mit, dass man für eine gesetzliche Abgabepflicht von Lebensmitteln „keine Notwendigkeit“ sehe, da das Spenden von Lebensmitteln im deutschen Lebensmittelhandel „seit vielen Jahren gelebte Praxis“ sei. „Ein Gesetz würde das Spenden durch einen bürokratischen Mehraufwand vermutlich unnötig erschweren. Vielmehr müssen karitative Einrichtungen, wie die Tafeln, verlässlich und kontinuierlich von Bund und Ländern unterstützt werden – finanziell und infrastrukturell“, sagt ein Sprecher BuzzFeed News Deutschland.

Dies ist ein Artikel von BuzzFeed News Deutschland. Wir sind ein Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes. Hier gibt es alle Beiträge von BuzzFeed News Deutschand.

Mehr zum Thema: Amthor und Künast streiten über „Zuckersteuer durch die Hintertür“

Handelsverband Lebensmittel wünscht sich „mehr Anerkennung“

Das „Bündnis Lebensmittelrettung“, dem unter anderem die Deutsche Umwelthilfe und die Umweltorganisation WWF angehören, nennen die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen ein „stumpfes Schwert ohne rechtliche Sanktionsmöglichkeiten“. Sie fordern von Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne), der Straffreiheit beim Containern fordert, verbindliche Vorgaben gegen Lebensmittelverschwendung auf der gesamten Lieferkette.

Die vorgelagerte Produktion und Verarbeitung blieben vorerst außen vor, so die Kritik. Auf die entfallen laut Zahlen des Statistischen Bundesamts mehr als doppelt so viele weggeworfene Lebensmittel (17 Prozent) wie auf den Lebensmittelhandel (7 Prozent). „Die Datenlage ist eindeutig: Im Handel fallen mit die geringsten Verluste an. Der Löwenanteil der Verluste entsteht in privaten Haushalten (59 Prozent). Deshalb muss ein großes Augenmerk auf der Verbraucherkommunikation liegen“, findet Fromm.

Mit dem Pakt gegen Lebensmittelverschwendung habe man im Grunde vereinbart, was andere europäische Nachbarländer gesetzlich regeln. Die Kontrolle erfolge durch das Thünen-Institut, eine staatliche Forschungseinrichtung im Geschäftsbereich des BMEL. Fromm verweist auf eine Studie des Instituts von 2020, wonach die Bereitschaft der Unternehmen für Lebensmittelweitergabe angestiegen ist. „Ich wünsche mir, mehr Anerkennung für das Engagement des Lebensmittelhandels beim Thema Lebensmittelverschwendung“, sagt er.

Mehr zum Thema: Wie Wolfhager gegen Lebensmittelverschwendung in Supermärkten vorgehen

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