Chinas staatlich gestützte Industriekonzerne werden zu einer immer bedrohlicheren Konkurrenz für die deutsche Industrie.
Nicht nur Deutschlands Exporte nach China gehen zurück. Chinas Unternehmen jagen deutschen Firmen auch auf anderen Märkten Marktanteile ab – und greifen nun auch in Deutschland selbst an.
Dabei spielen Subventionen, Überkapazitäten und Dumping-Angebote eine Rolle, warnen Ökonomen und sogar die Bundesbank. Sitzt Deutschland in der China-Falle?
Zwei Jahrzehnte lang war China für Deutschlands Wirtschaft einer der wichtigsten Wachstumstreiber. Von Chinas Aufstieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt profitierte Deutschland besonders stark. Vor allem die deutsche Industrie. Doch der Wind hat sich gedreht. Deutschlands Exporte nach China schrumpfen. Statt dessen jagen Chinas staatlich gelenkte Unternehmen deutschen Exporteuren weltweit Marktanteile ab. Sogar in Deutschland greifen Chinas Konzerne an. Nicht nur bei E-Autos und Solarpanels. Gerät Deutschland in die China-Falle?
Davor warnt Holger Schmieding, der Chefvolkswirt der Berenberg Bank. „Die Ausführen nach China sind im ersten Halbjahr um sechs Prozent gesunken“, sagt er in seinem jüngsten Podcast. „Dazu kommt, dass China auch auf anderen Märkten deutsche Unternehmen unter immer stärkeren Druck setzt“. Als einen wichtigen Grund sieht Schmieding, dass China „mit Hilfe von Subventionen Überkapazitäten aufgebaut hat und jetzt versucht, das Ergebnis seiner Überkapazitäten vor allem im Bereichen Auto und Maschinenbau auf den Weltmärkten zu sehr billigen Preisen abzusetzen. Deutsche Unternehmen merken das besonders stark.“ Als Folge habe die deutsche Industrie wieder den Rückwärtsgang eingelegt, angesichts schwacher Auslandsaufträge.
Ein Problem dabei. Viele chinesiche Firmen arbeiten mit staatlicher Duldung mit Verlusten. Experten gehen davon aus, das rund 30 Prozent der chinesischen Unternehmen nicht rentabel sind. Tendenz steigend. Dahinter steckt Strategie: China hat die eigene Industrie systematisch hochgefahren. Dadurch ersetzte das Land zunächst Exportwaren und damit auch „Made in Germany“ durch eigene Produkte. Dies bremste bereits deutsche Exporte.
China überschwemmt die Weltmärkte mit seiner Überproduktion
Dann schockte die Corona-Pandemie Chinas Wirtschaft. Die Nachfrage im Inland ist noch nicht wieder in den alten Schwung gekommen. Das drückte Chinas Hunger nach Produkten aus Deutschland zusätzlich. Vor allem aber saßen viele der staatlich hochgerüsteten Konzerne nun auf Überkapazitäten – und suchten ihr Heil nun ihrerseits im Export.
Die Deutsche Bundesbank schreibt in ihrem jüngsten Monatsbericht für August: Chinas „Industrie weitete in jüngerer Zeit ihre Produktionskapazitäten bei hochwertigen Waren erheblich aus. Auch angesichts der eher schleppenden Binnennachfrage drang sie verstärkt auf Auslandsmärkte vor und setzte dort etablierte Anbieter unter Druck“. Viele von ihnen kommen aus Deutschland, aber nicht nur.
Neben der Europäischen Union werfen auch die USA China vor seinen Unternehmen mit Subventionen unfaire Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Die USA und die EU beginnen sich zu wehren, etwa mit zusätzlichen Zöllen auf chinesische Importe, unter anderem auf E-Autos. China wehrt sich und droht mit Gegenzöllen, die wiederum Deutschlands Exporteure treffen würden. Ein Teufelskreis.
Dabei war China bis 2023 acht Jahre in Folge Deutschlands größter Handelspartner. Dies lag vor allem an Deutschland hohen Importen aus China. Als Absatzmarkt lag China für Deutschland auf Rang vier hinter den USA, Frankreich und den Niederlanden. In diesem Jahr dürften die USA China auch wieder als Deutschland insgesamt größter Handelspartner ablösen. Denn Deutschlands China-Geschäft schrumpft.
China dagegen steigert seine Exporte in Märkte, die bisher auch für deutsche Industrieunternehmen attraktiv und wichtig waren. „Während der Anteil chinesischer Exporte in vielen Branchen seit Jahren kontinuierlich steigt, stagnieren die deutschen Ausfuhren oder sinken sogar“, errechnete das Handelsblatt Research Institute (HRI).
„Deutsche Unternehmen sehen sich auf dem chinesischen Markt und auf den Drittmärkten einem viel stärkeren Wettbewerb durch chinesische Unternehmen ausgesetzt“, sagt Yanmei Xie, Geopolitikanalystin aus Hongkong.
„Wir machen uns Sorgen um das deutsche Exportmodell“, sagte Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) dem „Handelsblatt“. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Modell, so wie wir es aus der Vergangenheit kennen, in den kommenden Jahren zu Ende geht.“