Deutschlands Basketballer starten im Viertelfinale gegen Griechenland schlecht – und steigern sich dann stark. Das Ergebnis: ein hart erkämpfter 76:63-Sieg. Der Lohn: Deutschland steht erstmals unter den besten vier Teams bei Olympia und noch einen Sieg vor einer Medaille. Im Halbfinale wartet nun Gastgeber Fraankreich.
Um kurz vor Elf – eine Uhrzeit, zu der sich sonst eher Basketballer des alten Eisens in den staubigen Schulturnhallen der Bezirksligen treffen – wurde es spürbar ernster in Paris. Das Aufwärmprogramm absolviert, die Hymne im Hintergrund, das Halbfinale am Ende des sportlichen Tunnels vor Augen: Entschlossenheit zeichnete das Gesicht von Deutschlands Dennis Schröder.
Auf der anderen, der griechischen Seite des Parketts stand Ausnahmeathlet Giannis Antetokounmpo mit geschlossenen Augen, atmete ein letztes Mal tief durch. In ihren Nationaltrikots hatten sie sich zuletzt vor zwei Jahren bei der EM gegenüberstanden, ebenfalls im Viertelfinale.
Der deutsche Sieg von damals? Als etwas zwischen Überraschung und Sensation abgestempelt, hatte er den deutschen Weg zur Bronzemedaille geebnet. Und am Dienstag? Da war Deutschland der Favorit – ein Beleg für die zuletzt erstaunliche Entwicklung des deutschen Basketballs und dessen Nationalmannschaft.
Deutschland startet schlecht
Eine durchaus erstaunliche Entwicklung nahm dann auch die Anfangsphase am Dienstag. Die deutsche Mannschaft startete offensiv fahrig, defensiv ohne Intensität. Und die Schrödersche Entschlossenheit? Sie schien gemeinsam mit den Hymnen abgeklungen zu sein. Vorne fielen Würfe und Korbleger nicht, hinten sah Johannes Voigtmann per Schulterblick, wie Antetokounmpo seinen 2,11 Meter langen Körper erstmals in die Luft schraubte. Er dunkte krachend.
Nach drei Minuten führte Griechenland mit 10:2. Bundestrainer Gordon Herbert hatte Gesprächsbedarf, kam diesem in seiner Auszeit gewohnt ruhig nach. Seine Mannschaft wiederum kam Herberts Forderungen auch anschließend nur bedingt nach. Allen voran die sonst so gut geölte Offensivmaschinerie der Deutschen stockte und stotterte.
Ein 11:21-Rückstand, 28 Prozent verwandelte Würfe, drei bzw. zwei Punkte für die Anführer Dennis Schröder und Franz Wagner – die Kennzahlen eines schwierigen Auftaktviertels. Es folgte der Beweis für die von Trainern viel zitierte Weisheit, dass sich im Basketball offensive Besserung oft durch eine Steigerung in der Defensive herstellen lässt.
Eine solche war es nämlich, die Deutschland am Dienstag nicht zurück, sondern erstmals wirklich ins Spiel führte. Angeführt von Forward Johannes Thiemann schränkte Deutschland allen voran die Wirkungskreise des sonst so dominanten Antetokounmpo – physisch eine Mischung aus Adonis und griechischem Gott – wirkungsvoll ein.
Der Mittelpunkt des heliozentrischen griechischen Spiels: NBA-Superstar Giannis Antetokounmpo.
Der Weltmeister findet sein Spiel wieder
Ballgewinne und viele Rebounds waren das Ergebnis. Deren Folge: Statt hinterherzulaufen, konnte Deutschland das Tempo diktieren. Dabei stimmte die Mischung. Moritz Wagner attackierte Antetokounmpo gleich mehrfach furchtlos, Isaac Bonga brachte Impulse von der Bank, Franz Wagner setzte wichtige Drives. Acht Sekunden vor Ende der ersten Halbzeit sorgten Schröder und Daniel Theis mit ihrem oft gesehen Alley-Oop-Dunk für Ahs und Ohs.
Das deutsche Spiel war zurück, die Partie beim 36:36 wieder ausgeglichen. Aus einem ausgeglichenen Spiel wurde dann eines mit deutschen Vorteilen – nun auch wieder auf die gewohnte Art und Weise.
Topscorer Franz Wagner (18 Punkte) übernahm mit cleveren Bewegungen zum Korb und streute einen ebenso tiefen wie wichtigen Dreier ein. Kapitän Schröder traf zwar mitunter schlecht, aber zog umso besser die Fäden seiner Offensive. Der starke Thiemann dunkte und Isaac Bonga traf mit der Schlusssirene des dritten Viertels seinen dritten Dreier. Das Ergebnis: eine 59:52-Führung, die höchste des Spiels.
Intensität, Einsatz und Wille
Über allem aber standen am Dienstag die Intensität, der Einsatz, der Wille. Sie waren die Schlüssel, mit denen die deutsche Mannschaft die Tür ins Halbfinale – anfangs noch kompliziert verschlossen – endgültig öffnete. Hinzukam das Selbstverständnis eines Weltmeisters, selbst schwerste Spiele gewinnen, im Zweifelsfall auch drehen zu können.
Ein Selbstverständnis, dass Kapitän Dennis Schröder wie kein Zweiter aus der deutschen Mannschaft in sich und mit sich trägt. Nicht nur, aber am aller deutlichsten bewies er das am Dienstag 1:50 Minuten vor dem Ende. Da traf Schröder aus rund neun Metern einen Dreier zum 72:57. Es war der Wurf, der das Spiel endgültig entschied. Der Wurf, der stellvertretend stand für ein beeindruckendes Schlussviertel. Ein Schlussviertel, das Deutschlands erstes olympisches Halbfinale perfekt machte. Dort wartet nun am Donnerstag ein Duell Gastgeber Frankreich, die sich in ihrem Viertelfinale gegen Kanada durchsetzten.