- Die Zahl der Insolvenzen steigt weiter stark. Im ersten Halbjahr lag ihre Zahl in Deutschland um rund 25 Prozent über dem Vorjahr. Auch im August stieg sie zweistellig.
- Ein Grund sind zunehmende Großinsolvenzen. Sie lösen häufig einen Dominoeffekt aus, der weitere Firmen wie Lieferanten ins Wanken bringt.
- Besonders betroffen sind Bau, Einzelhandel, Dienstleister, aber auch die Autobranche. Im zweiten Halbjahr drohe ein „Sturm von Firmenpleiten“, warnt ein Experte.
Die Pleitewelle in Deutschland kommt ins Rollen. Im ersten Halbjahr 2024 meldeten 10.700 Unternehmen Insolvenz an. Das waren 25 Prozent mehr als vor einem Jahr, teilte das Statistische Bundesamt mit. Auch im August lag die Zahl der Pleiten mit 10,7 Prozent zweistellig über dem Vorjahr. Und sei nur der Anfang, warnt Insolvenz-Experte Jonas Eckhardt. „Das zweite Halbjahr verspricht einen Sturm an Firmenpleiten“, sagte er der „Welt“.
Gläubiger insolventer Firmen hatten im ersten Halbjahr offene Forderungen von insgesamt 32,4 Milliarden Euro. Die Folgen der Insolvenzen waren damit mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr.
Diese Entwicklung wird durch ungewöhnlich viele Großinsolvenzen verstärkt. Ihre Zahl stieg laut dem Kreditversicherer Allianz Trade im ersten Halbjahr um 37 Prozent auf 40 Großinsolventen, die höchste Zahl seit 2015. Darunter fallen Pleiten von Unternehmen mit mindestens 50 Millionen Euro Umsatz.
Dominoeffekt durch Großinsolvenzen
„Wenn es kracht, dann richtig“, sagt Milo Bogaerts, Deutschland-Chef von Allianz Trade der Welt. Großinsolvenzen führen oft zu einem Dominoeffekt, der Lieferketten ins Wanken bringt. Nicht selten geraten dadurch auch andere Unternehmen in Schwierigkeiten. Besonders betroffen seien die Bauwirtschaft, der Einzelhandel – insbesondere Mode und Textilien – sowie der Dienstleistungssektor.
Deutschland droht „eine Flut an Firmenpleiten“
Experten rechnen mit einem weiteren Anstieg der Insolvenzen im zweiten Halbjahr 2024. Jonas Eckhardt, Partner der Beratungsgesellschaft Falkensteg, erwartet sogar einen „Sturm von Firmenpleiten“. Laut Allianz Trade könnte die Zahl der Insolvenzen 2024 auf 21.500 steigen. Dies wären 21 Prozent mehr als 2023.
Besonders bedroht seien verbrauchernahe Branchen, darunter den Mode-Einzelhandel, wo einige Unternehmen ohnehin seit Jahren um ihre Existenz kämpften. „Sie spüren die aktuelle Kaufzurückhaltung ganz besonders“, sagt Bogaerts. Hinzu kämen weiterhin hohe Container-Frachtraten, die angesichts des bevorstehenden Weihnachtsgeschäfts vielen Unternehmen Sorgen bereiteten.
Auch in der Autobranche drohen Insolventen
Auch die Automobilbranche steht vor Problemen. Der Verband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) sieht die Branche angesichts sinkender Umsätze und den Wandel zur E-Mobilität gefährdet. „Die Branche steht vor großen Herausforderungen“, warnt VID-Vorsitzender Christoph Niering.
Die wirtschaftlichen Aussichten bleiben unsicher, und die Zahl der von der Pleite bedrohten Unternehmen dürfte weiter steigen.
Auch die Zahl der Verbraucherinsolvenzen nahm zu. Im ersten Halbjahr meldeten in Deutschland 35 371 Menschen Privatinsolvenzen an. Damit stieg die Zahl der Verbraucherinsolvenzen um 6,7 Prozent zum ersten Halbjahr 2023.