Neuer Schock für die Automobilbranche: Der nächste Autozulieferer in Deutschland muss Insolvenz anmelden. Die Zukunft der Angestellten bleibt ungewiss.
Seelbach – Die Autobranche kommt aus den negativen Schlagzeilen nicht heraus. Während ein großer Autozulieferer einige Werke in Deutschland „möglichst schnelle dichtmachen“ will, ein weiterer ein Werk in Deutschland schließt und ein weiteres bekanntes Unternehmen der Autobranche in Bayern für einen Paukenschlag gesorgt hat, kommt aus Baden-Württemberg nun die nächste Hiobsbotschaft. Denn auch hier ist ein bekannter Zulieferer der Automobilbranche insolvent.
Nächster Autozulieferer in Deutschland ist insolvent: Umsatzeinbrüche bei New Albea aus Baden-Württemberg
In Seelbach sitzt der Schock ebenso tief, wie nach der Insolvenz von Recaro in Kirchheim unter Teck oder eines anderen insolventen Autozulieferers mit 585 Mitarbeitern. Denn mit New Albea musste der zweitgrößte Arbeitgeber der Gemeinde die Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden, wie der Schwarzwälder Bote und die Badische Zeitung berichten. Grund für den Insolvenzantrag des Kunststofftechnik-Spezialisten, dem das Amtsgericht bereits am 7. Oktober stattgegeben hat, sind die dramatischen Umsatzeinbrüche, die durch die Krise in der Automobilbranche entstanden sind.
Für den insolventen Zulieferer ist die Automobilindustrie mit rund 70 Prozent der größte Auftraggeber. Allerdings steckt die wichtigste Industriebranche in Baden-Württemberg tief in der Krise. Zum vorläufigen Sachwalter wurde Dirk Pehl von der Kanzlei Schultze und Braun mit Sitz in Achern bestellt. Die Eigenverwaltung ermöglicht es dem insolventen Unternehmen jedoch, die Sanierung innerhalb des gerichtlichen Verfahrens in Eigenregie durchzuführen. Der bisherige Geschäftsführer Thomas Schuller übernimmt unter der Aufsicht des Sachwalters die Aufgaben des Insolvenzverwalters und ist somit in der Lage, den Sanierungskurs des Unternehmens selbst zu gestalten.
Autozulieferer in Deutschland meldet Insolvenz an: Über 200 Mitarbeiter betroffen
Bei New Albea wird dieser Umstand aber auch als große Chance gesehen: Dass Schuller die Verantwortung behält, werde für Stabilität und Kontinuität im Unternehmen sorgen, heißt es in der Pressemitteilung zur aktuellen Situation. Von der Insolvenz des Autozulieferers in Seelbach sind rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie zwölf Auszubildende betroffen. Das Unternehmen gehört zu den führenden Herstellern im Feld der hoch dekorativen und funktionalen Kunststoffkomponenten für die Automobilindustrie.
Die High-End-Produkte von New Albea finden sich vor allem im Fahrzeuginterieur und Fahrassistenzsystemen von namhaften Autoherstellern wieder. Des Weiteren sind sie Bestandteil bei Haushaltsgeräten. Im Jahr 2019 kam außerdem ein Investitionsprogramm hinzu, welches Heizfolien als neues Geschäftsfeld erschließen sollte. Diese Heizfolien finden vor allem Verwendung bei der Enteisung von Abstandsradarsystem oder in der Innenraumbeheizung von Elektroautos. Damit sollten die Weichen für die Zukunft gestellt werden.
Deutscher Autozulieferer New Albea ist insolvent: Dennoch herrscht Optimiusmus im Unternehmen
Doch bereits 2022 machte die Corona-Pandemie den Expansionsplänen des insolventen Autozulieferers einen Strich durch die Rechnung. Denn im Frühjahr des Jahres musste New Albea die Kurzarbeit einführen, da die Pandemie kurzzeitig die Fließbänder der Autoindustrie in Deutschland stillstehen ließ. Kurz danach zeigte die Kurve des Unternehmens aber bereits wieder nach oben. Doch der Aufwind war nicht von Dauer, da sich die gesamte Branche im Kriseln befindet.
Trotz des Einbruchs und dem gestellten Insolvenzantrag zeigt sich die Unternehmensführung dennoch optimistisch. „Wir blicken optimistisch in die Zukunft und sind überzeugt, gestärkt aus dieser Situation hervorzugehen“, betont Schuller in der Pressemitteilung zur Insolvenz des Autozulieferers. „Unser Ziel ist es, die erfolgreiche Sanierung des Unternehmens sicherzustellen und damit langfristig die Arbeitsplätze sowie die Wettbewerbsfähigkeit von New Albea zu sichern.“
Insolvenz des nächsten Autozulieferers in Deutschland: „Reaktionen der Kunden stimmen zuversichtlich“
Gesellschafter Johannes Pollaert und Geschäftsführer Thomas Schuller sowie das gesamte Team der Firma seien zuversichtlich, dass die Sanierungsmaßnahmen fruchten werden. Die Eigenverwaltung infolge der Insolvenz solle dem Unternehmen dabei die notwendige Flexibilität geben, um auf die aktuellen Herausforderungen der Branche erfolgreich zu reagieren. Damit den Angestellten des Kunststofftechnik-Spezialisten nicht das gleiche Schicksal blüht, wie den Mitarbeitern eines anderen insolventen Autozulieferers.
„Die sehr positiven Reaktionen der Kunden stimmen uns zuversichtlich, dass dieser Schritt als Weg in die Zukunft genau richtig ist, zumal wir nun in der Lage sind, unsere Lieferverpflichtungen neu zu gestalten“, heißt es von der New Albea. Man danke den Mitarbeitern, Partnern und Kunden für das Vertrauen und sehe „einer nachhaltigen Zukunft gemeinsam entgegen“, heißt im Wortlaut in der Pressemitteilung.
Insolvenzen auf Rekordhoch in Deutschland: Weitere Beispiele zeigen besorgniserregenden Trend
Die Insolvenz des nächsten Autozulieferers in Deutschland ist derweil nicht nur ein Beispiel für die Krise in der Autoindustrie. Auch in anderen Branchen drückt der Schuh gewaltig. So ist ein traditionsreicher Motorenhersteller mit 150 Mitarbeiter von einer Insolvenz betroffen. Eine Traditionsbäckerei musste in jüngster Vergangenheit ebenso die Insolvenz anmelden wie eine traditionsreiche Pralinenmanufaktur. Und während ein beliebtes Skigebiet in Deutschland wegen des insolventen Liftbetreibers noch vor dem Start der Wintersaison zittern muss, treibt ein insolventes Krankenhaus eine beliebte Urlaubsinsel in der Nordsee um.
Diese sind nur weitere Beispiele für eine besorgniserregende Entwicklung. Denn nach Angaben des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), befindet sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland auf einem Rekordhoch. Demnach sei die Zahl der Insolvenzen im dritten Quartal so hoch gewesen wie in keinem Quartal seit 2010.