Verena Pausder, Vorstandsvorsitzendes des Startup Verbandes, stellt ein Maßnahmenpaket zur Stärkung des Startup-Standorts Deutschland vor. Das steht drin.
Allein das Zuhören bei der Schuldzuschieberei, warum denn nun in Deutschland angeblich so wenig vorangehe, zehre an ihrer Energie, sagt Verena Pausder. „Ich sehe es als eine Verpflichtung, gerade jetzt zu zeigen: Wie können wir es miteinander schaffen?“
Darum gehe es im Grunde in der Innovationsagenda 2030, die die Vorstandsvorsitzende des Startup Verbandes gemeinsam mit Geschäftsführer Christoph Stresing heute auf einer Pressekonferenz in Berlin präsentierte. Das Papier enthält mehr als nur ein Bündel von Maßnahmen, um den Gründerstandort Deutschland zu stärken.
150 Seiten lang ist das Werk, an dem mehr als 100 Expertinnen und Experten seit März diesen Jahres mitgearbeitet haben. Trotzdem sei es ihr ganz wichtig gewesen, sagt Pausder, dass man „damit nicht einfach den nächsten Schreibtisch erschlägt“, mit einem Whitepaper, das nun eben auch da ist, sondern dass die darin stehenden Forderungen und Aufgaben so konkret wie möglich seien.
Adressiert wird mit dem Papier in erster Linie die Bundesregierung. Wie der Name mit der Jahreszahl 2030 nahelegt nicht nur die aktuelle, sondern auch schon die kommenden Regierungen. Aber wichtig: Es seien auch „Quick Wins“ dabei, wie Pausder es nennt, die die aktuelle Ampelregierung durchaus noch umsetzen könnte. Umsetzen sollte – wenn es nach Pausder und dem Startup Verband geht.
6 konkrete Themen der Innovationsagenda 2030
Was genau steht nun also drin, welche Innovationen will der Verband für die Startupszene, aber eigentlich darüber hinaus auch für ganz Deutschland erreichen? Auf der Pressekonferenz konzentrieren sich Pausder und Stresing auf sechs Themen:
Die Rolle des Staates: Nicht nur sollen mehr öffentliche Aufträge an Startups vergeben werden und das Gründungsverfahren weiter vereinfacht und beschleunigt werden, ganz konkret fordert der Verband auch die Einrichtung einer Stelle des oder der Chief Digital Officers im Bundeskanzleramt. Auf Nachfrage erklärt Pausder: Es gehe nicht direkt um so etwas wie in den USA derzeit diskutiert wird, wo Elon Musk im Falle des Präsidentschaftssiegs von Donald Trump an der Spitze einer Kommission die Regierungseffizient überwachen soll. Aber in „Seitenwechslern“, Menschen, die aus der freien Wirtschaft zum Staat wechseln (oder umgekehrt), sieht sie generell großes Potenzial.
Deep-Tech stärken: Hier setzt die Innovationsagenda 2030 ein ehrgeiziges Ziel: bis 2030 soll es in Deutschland 30 Deep-Tech Unicorns geben. „Ich halte das für ehrgeizig, aber sehr realistisch“, so die Vorstandsvorsitzende des Startup Verbandes.
Talente binden: Eine Forderung aus diesem Bereich, die heraussticht: Das Papier schlägt vor, Englisch als zweite Amtssprache einzuführen, um nicht Deutsch sprechenden Fachkräften Verwaltung zu erleichtern. Die auch hier angesprochene Digitalisierung des Visaverfahrens ebenso wie die Anerkennung ausländischer Abschlüsse seien „Quick Wins“, die die aktuelle Regierung noch schaffen könnte, so Pausder.
Climate-Tech stärken: Auch hier setzt der Verband ein Unicorn-Ziel: Bis 2030 soll die Zahl der Milliarden-Startups im Climate-Tech sich verdoppeln, „von derzeit sechs auf zwölf“, so Pausder. Auch sollen 20 Prozent des Venture Capitals in Climate Tech-Startups gesteckt werden. Und Pausder beschreibt ihren Wunsch, in Deutschland eine weltweit führende Top-Universität für Climate-Tech hervorzubringen.
Besser Startup-Finanzierung: Das Papier setzte das Ziel, dass in Deutschland bis 2030 ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Venture Capital fließen soll. Das wäre eine Verdreifachung des aktuellen Betrags. Dazu sei mehr privates, aber auch öffentliches Kapital erforderlich – insbesondere von Großinvestoren wie Versicherungen. Damit solle die jährliche Finanzierungslücke von etwa 30 Milliarden Euro in Deutschland geschlossen werden. Zudem gelte es, den Kapitalmarkt zu stärken, um Investoren den gewinnbringenden Ausstieg aus Startups zu erleichtern.
Diversität steigern: Im Fokus stehen hier Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund und Arbeiterkinder – der Verband sieht hier ungeschöpftes Potenzial, das die deutsche Startup-Branche voran bringen könne. Konkrete Maßnahmen seien die Einführung eines Mutterschutzes für Selbstständige und damit auch Gründerinnen oder die Möglichkeit, Betreuungskosten unbegrenzt steuerlich geltend zu machen. Wieder: Quick Wins, die die Regierung Scholz noch verabschieden könnte, wie Pausder meint.
Deutschland habe mit internationaler Spitzen-Forschung, herausragenden Talenten, einer starken industriellen Basis und genug privatem Kapital alle Zutaten, um global erfolgreich zu sein, sagte Verena Pausder. Seit Beginn ihrer Amtszeit als Vorsitzende des Startup Verbands hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, dem „in Deutschland geht das Licht aus“-Gesang mancher Unternehmerinnen und Unternehmer entgegenzutreten. „Weltklasse made in Germany“ sei möglich. Das Paper soll helfen.