Frankreichs Linke und Rechte wollen den Stromexport nach Deutschland stoppen – wie realistisch ist diese Drohung?

Frankreichs Linke und Rechte wollen den Stromexport nach Deutschland stoppen – wie realistisch ist diese Drohung?

Atomkraftwerk an der Rhone. Frankreichs Linke und Rechte wollen den Stromexport an Deutschland stoppen.
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  • Frankreichs extreme Rechte und Linke fordern einen Ausstieg aus dem europäischen Strommarkt. Sie wollen damit auch die Stromexporte nach Deutschland stoppen.
  • Deutschland importiert erhebliche Mengen Strom aus Frankreich. Dieser Strom ist im Zuge der Energiewende in Deutschland noch wichtiger geworden.
  • Wie realistisch ist eine Ende der Stromlieferungen aus Frankreich? Und was wären die Folgen?

Diesen Angriff tragen Frankreichs Außenstürmer gemeinsam vor: Marine Le Pen vom rechten Rassemblement National (RN) und Jean-Luc Mélenchon von der linken Neuen Volksfront sind Frankreichs Stromexporte ein Dorn im Auge. Sie wollen aus Europas Stromverbund aussteigen. Das würde vor allem Deutschland treffen, das traditionell Strom aus Frankreich bezieht. Im Zuge der Energiewende sind diese Importe sogar noch wichtiger geworden.

Zusammen haben RN und Volksfront bei der jüngsten Parlamentswahl in Frankreich mit 325 mehr als die Hälfte der 577 Sitze im Parament erhalten. Eine Zusammenarbeit ist zwar ausgeschlossen. Das Beispiel des Strommarktes zeigt aber wie stark antieuropäische und auch anti-deutsche Stimmungen in Frankreich verbreitet sind. Entsteht daraus eine realistische Gefahr?

Kann Frankreich Deutschland den Strom abstellen?

Eine Hauptsorge vieler Menschen in Frankreich und damit ein wichtiges Thema in Wahlkämpfen ist derzeit die Kaufkraft. Le Pens Rechtsnationale und Melenchons Linkspartei La France Insoumise und auch die Kommunisten fordern daher einen Ausstieg aus dem europäischen Strommarkt. Sie legen den Menschen damit nahe, Frankreich könne sich mit seinem Atomstrom und einem selber festgelegten Tarif preiswerter selber mit Strom versorgen – die Verbraucher hätten also mehr Geld im Portemonnaie.

Le Pen behauptet auch, die europaweit abgestimmten Strompreise gingen zulasten von Frankreichs Industrie. Sie müsse höhere Preise zahlen, weil Deutschland wegen seines Atomausstiegs vor Versorgungsproblemen stehe. Aktuell fordert der RN-Chef Jordan Bardella für Frankreich eine Ausnahme von den europäischen Energiepreis-Regeln. Dies würde jedoch noch nicht bedeuten, dass sich Frankreich von seinen europäischen Partnern abkoppelt.

Experten: Frankreich würde Strom teurer werden

Nach Einschätzung von Experten wie dem Präsidenten des Energiekonzerns Engie, Jean-Pierre Clamadieu, und Ökonom Patrice Geoffron ist aber auch Frankreich auf den Austausch von Strom im europäischen Netz angewiesen. Dies gilt auch, wenn es unter dem Strich mehr Strom exportiert als importiert. Bei einem Ausstieg aus drohten auch in Frankreich Stromausfälle und das Land müsste in zusätzliche Kraftwerke investieren. Dies würden den Strompreis sogar in die Höhe treiben, sagen Experten. Außerdem verdient Frankreich mit den Stromexporten Geld. Es würde also wenig sinnvoll sein, diese Einnahmen zu kappen.

Eine Ausnahme von den Regeln zur Festlegung der Energiepreise könnte Frankreich theoretisch mit der EU verhandeln; für Portugal und Spanien gab es so eine Ausnahme während der Energiekrise. Wegen der Bedeutung des europäischen Strommarkts für Frankreich halten Experten dies aber für kontraproduktiv. Stiege Frankreich aus dem Stromverbund aus, bräche es europäische Verträge. Praktisch wäre das nur möglich, wenn Frankreich europäische Abmachungen schlicht nicht mehr umsetzt. Dies würde Strafmaßnahmen durch Brüssel nach sich ziehen.

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Europas Strommarkt: Ein Geben und Nehmen

Deutschland und auch Frankreich sind wichtige Stromtransitländer in der EU. Es wird fortlaufend Strom importiert und exportiert und dorthin weitergereicht, wo er benötigt wird. Der gemeinsame Strommarkt in Europa soll es ermöglichen, Geld einzusparen und Emissionen zu senken.

Konkrete Zahlen für Deutschland: Den Daten des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) zufolge lieferte Deutschland in diesem Jahr bis zum 8. Juli rund 26,2 Terawattstunden (TWh) Strom an andere europäische Staaten. Andererseits erhielt die Bundesrepublik von ihren Nachbarn 38,3 TWh.

Zum Vergleich: Die öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland (also ohne die Eigenversorgung der Industrie) liegt im selben Zeitraum bei rund 234 TWh. Davon fallen im Saldo knapp fünf Prozent auf Stromimporte.

Deutschland braucht mehr Stromimporte

Der Blick auf den Stromaustausch zwischen den Nachbarländern zeigt, dass Deutschland 2024 bisher deutlich mehr Strom aus Frankreich importiert als dorthin exportiert hat. Den Fraunhofer-Daten zufolge bekam Deutschland bis zum 8. Juli 8,44 TWh aus Frankreich und lieferte dorthin nur 1,62 TWh. Das macht Frankreich zu einem der großen, wenn auch nicht dem größten Stromexporteur nach Deutschland im laufenden Jahr. Knapp an der Spitze steht derzeit Dänemark mit 8,6 TWh, die zu uns gekommen sind.

Dass es bei der deutsch-französischen Energiezusammenarbeit auch mal andersherum gehen kann, zeigen Daten, die der Bundestag zitiert: Zwischen Ende November 2022 und Ende November 2023 exportierte Deutschland demnach 14,2 Terawattstunden Strom nach Frankreich und bekam in umgekehrter Richtung 12 Terawattstunden. Frankreich musste in dieser Zeit zahlreiche Atomkraftwerke vom Netz nehmen, weil die gewartet werden mussten, technischen Probleme hatten oder wegen Niedrigwasser nicht laufen konnten.

dpa/ro

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