Pressemitteilung
ESO geht Partnerschaft mit dem weltweit größten Gammastrahlenobservatorium ein
20. Dezember 2018
Der Generaldirektor der ESO und der Geschäftsführer des Cherenkov Telescope Array (CTA)-Observatoriums haben eine Vereinbarung unterzeichnet, die für die Errichtung des CTA-Felds der südlichen Hemisphäre in der Nähe des Paranal-Observatoriums der ESO in Chile erforderlich ist. Darüber hinaus haben die chilenische Regierung und die ESO eine Übereinkunft geschlossen, die es der ESO ermöglicht, dieses neue Teleskop am Standort des Paranal-Observatoriums der ESO zu errichten. Dadurch erhält das ambitionierteste Gammastrahlen-Observatorium der Welt nicht nur Zugang zu den unberührten Beobachtungsbedingungen Chiles, sondern auch zu der hochmodernen Infrastruktur, dem Fachwissen und den Einrichtungen der ESO. Die ESO wird die Anlage im Auftrag des CTA-Observatoriums und seiner Mitglieder betreiben.
Das Cherenkov Telescope Array (CTA) ist das erdgebundene Instrument der nächsten Generation zur Detektion von sehr energiereicher Gammastrahlung mit Standorten sowohl auf der Süd- als auch auf der Nordhalbkugel. Die Gammastrahlung ist eine elektromagnetische Strahlung mit sehr hoher Energie, die von den heißesten und extremsten Objekten des Universums ausgestrahlt wird – supermassereichen Schwarzen Löchern, Supernovae und vielleicht sogar Überresten des Urknalls.
Am 19. Dezember 2018 traf Federico Ferrini, Geschäftsführer der Cherenkov Telescope Array Observatory (CTAO), mit dem Generaldirektor der ESO, Xavier Barcons, in den ESO-Büros in Santiago, Chile. Zusammen mit dem Betriebsleiter der ESO, Andreas Kaufer, und anderen ESO-Mitarbeitern unterzeichneten sie die Vereinbarung über den Bau und Betrieb der südlichen CTA-Anlage innerhalb des Paranal-Standortes der ESO in Nordchile.
Die stellvertretende chilenische Außenministerin Carolina Valdivia Torres und der Generaldirektor der ESO unterzeichneten ebenfalls die Vereinbarung, die es der ESO ermöglicht, CTA-Süd am Standort des Paranal-Observatoriums als ein ESO-Programm aufzunehmen.
Ein drittes Abkommen wurde bereits am 17. Dezember 2018 zwischen der chilenischen Nationalen Kommission für Wissenschaft und Technologie (CONICYT) und CTAO unterzeichnet. Dieses Kooperationsabkommen zielt auf die Förderung der astronomischen Forschung in Chile ab und nutzt die Öffnung eines neuen Beobachtungsfensters, wie es durch CTA-Süd ermöglicht wird.
Mit diesen drei Vereinbarungen kann das CTAO mit dem Bau der südlichen Anlage beginnen. Das Instituto de Astrofísica de Canarias wird das Array der Nordhalbkugel des CTA im Observatorio del Roque de los Muchachos auf der Insel La Palma, Spanien, beherbergen. Der Baubeginn für die nördlichen und südlichen Arrays wird für 2020 erwartet.
„Der Betrieb des CTA am Paranal wird den Astronomen in den ESO-Mitgliedstaaten, Chile und weltweit ein neues Fenster zum Universum öffnen“, kommentierte der Generaldirektor der ESO, Xavier Barcons. „Die reiche Erfahrung der ESO bei der Wartung und dem Betrieb von Teleskopen in abgelegenen Gebieten wird für das CTA-Projekt von unschätzbarem Wert sein.“
Der südliche Standort des CTA liegt nur 11 Kilometer südöstlich von der Position des Very Large Telescope am Paranal Observatorium der ESO in der Atacama-Wüste und nur 16 Kilometer von der Baustelle des kommenden Extremely Large Telescope entfernt. Dies ist eine der trockensten und isoliertesten Regionen der Erde – ein astronomisches Paradies. Neben den idealen Bedingungen für die ganzjährige Beobachtung bietet die Installation von CTA am Paranalobservatorium die Vorteile der Infrastruktur der ESO. Die bestehenden Infrastrukturen und Einrichtungen sowie die langjährige Erfahrung der ESO bei der Leitung internationaler astronomischer Projekte in Chile werden den Bau und Betrieb der neuen Teleskopanlage unterstützen.
„Dank der heute unterzeichneten Vereinbarungen wird das CTAO nicht nur vom spektakulären Nachthimmel Chiles profitieren, sondern auch von den Einrichtungen und der langjährigen Erfahrung der ESO, die einen unschätzbaren Beitrag zur Realisierung dieses ehrgeizigen Systems von Teleskopen leisten werden“, sagte Federico Ferrini. „Die Partnerschaft zwischen der ESO und dem CTAO wird der Grundstein für die schnell wachsende Ära der Multi-Messenger-Astrophysik sein und die Möglichkeit bieten, mit anderen großen Infrastrukturen wie dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA), dem Square Kilometer Array (SKA) und modernsten Gravitationswellen-Interferometern weiter zusammenzuarbeiten.“
Bereits existierende Tscherenkow-Teleskopfelder, die für sehr energiereiche Gammastrahlen empfindlich sind, bestehen nur aus einer Handvoll einzelner Teleskope. CTA – mit seiner größeren Sammelfläche und exzellenten Winkelauflösung – wird jedoch das größte und empfindlichste Gammastrahlen-Teleskop der Welt sein. Es erkennt Gammastrahlung mit beispielloser Genauigkeit und ist 10-mal empfindlicher als alle seine Vorgänger.
Obwohl die Erdatmosphäre verhindert, dass Gammastrahlen an die Oberfläche gelangen, werden die Spiegel und Hochgeschwindigkeitskameras des CTA die kurzlebigen Blitze der schauerlichen blauen Tscherenkow-Strahlung einfangen, die bei der Interaktion von Gammastrahlen mit der Erdatmosphäre entsteht. Durch den Nachweis dieses Tscherenkow-Lichts können die Wissenschaftler die Gammastrahlung bis zu seiner kosmischen Quelle zurückverfolgen.
Die wissenschaftliche Bandbreite des CTA ist sehr groß: vom Verständnis der Rolle relativistischer kosmischer Teilchen bis hin zur Suche nach dunkler Materie. Das CTA wird das extreme Universum erforschen und Umgebungen in unmittelbarer Nähe von Schwarzen Löchern bis hin zu den kosmischen Hohlräumen auf den größten Skalen untersuchen. Es kann sogar zu einer völlig neuen Physik führen, da es die Natur von Materie und Kräften über das Standardmodell hinaus untersucht.
CTA wird an zwei Standorten, einem in jeder Hemisphäre, tätig sein, um die Abdeckung des Nachthimmels zu maximieren. Nach Abschluss des Baus wird das CTAO 19 Teleskope auf der Nordhalbkugel – angesiedelt am Observatorio del Roque de los Muchachos auf der Insel La Palma auf den Kanarischen Inseln – und 99 Teleskope auf der Südhalbkugel umfassen.
Mehr als 1400 Wissenschaftler und Ingenieure aus Ländern auf fünf Kontinenten beschäftigen sich mit der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung des CTA. Die Gesellschafter der jetzigen juristischen Person – CTAO gGmbH – sind die Vertreter von Ministerien und Fördereinrichtungen aus Australien, Österreich, der Tschechischen Republik, Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Japan, Slowenien, Südafrika, Spanien, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich [1]. Derzeit bereiten sie sich auf die Gründung eines European Research Infrastructure Consortium – des CTAO ERIC – vor, das dann die riesige Sternwarte bauen wird. Das ERIC wird sich aus den Mitgliedstaaten des CTAO und den assoziierten Ländern zusammensetzen.
Endnoten
[1] Die Niederlande und Südafrika beteiligen sich an der CTAO gGmbH als Beobachter.
Weitere Informationen
CTA ist eine globale Initiative zum Bau des weltweit größten und empfindlichsten Hochenergie-Gammastrahlenobservatoriums. Mehr als 1400 Wissenschaftler und Ingenieure aus Ländern auf fünf Kontinenten (Armenien, Australien, Bulgarien, Brasilien, Chile, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Indien, Irland, Italien, Japan, Kanada, Kroatien, Mexiko, Namibia, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Slowenien, Südafrika, Spanien, Schweden, Schweiz, Thailand, Großbritannien, USA und Ukraine) und mehr als 200 Forschungseinrichtungen beteiligen sich am CTA-Projekt. CTA wird das weltweit führende Observatorium für die sehr hochenergetische Gammastrahlenastronomie im nächsten Jahrzehnt und darüber hinaus sein, sowie das erste bodenbasierte Gammastrahlenastronomie-Observatorium, das für die astronomische und teilchenphysikalische Gemeinschaft weltweit zugänglich ist.
Die deutschen Partner sind das Institut für Physik der Humboldt-Universität zu Berlin, das Institut für Physik der TU Dortmund, das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY), das Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen, das Institut für Theoretische Physik der Ruhr-Universität Bochum, das Institut für Theoretische Physik und Astrophysik der Universität Würzburg, das Institut für Physik & Astronomie der Universität Potsdam, die Landessternwarte am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg, das Max-Planck-Institut für Kernphysik, das Max-Planck-Institut für Physik, das Physikalische Institut der Universität Erlangen-Nürnberg und das Institut für Experimentalphysik der Universität Hamburg.
Die Europäische Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, kurz ESO) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Die Organisation hat 16 Mitgliedsländer: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Hinzu kommen das Gastland Chile und Australien als strategischer Partner. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO verfügt über drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Chile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist außerdem einer der Hauptpartner bei zwei Projekten auf Chajnantor, APEX und ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Auf dem Cerro Armazones unweit des Paranal errichtet die ESO zur Zeit das Extremely Large Telescope (ELT) mit 39 Metern Durchmesser, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird.
Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.
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Dies ist eine Übersetzung der ESO-Pressemitteilung eso1841.