Das EM-Viertelfinale Deutschland gegen Spanien soll wiederholt werden. Dafür setzen sich Hunderttausende in einer Online-Petition ein. ran zeigt, warum dieses Unterfangen keine Aussicht auf Erfolg hat.
Das Viertelfinal-Aus des DFB-Teams bei der Heim-EM wirkt noch immer nach. Bester Beweis ist die kurz nach dem 1:2 nach Verlängerung gegen Spanien gestartete Petition auf “change.org”, die eine Wiederholung der Partie fordert.
Binnen fünf Tagen haben mehr als 415.000 User unterschrieben, Tendenz weiter steigend. In der Petition werden Fehlentscheidungen von Schiedsrichter Anthony Taylor moniert.
Konkret geht es um das im ganzen Land rauf- und runterdiskutierte Handspiel von Marc Cucurella im spanischen Strafraum, das in der 106. Minute ungeahndet blieb, sowie ein vermeintliches Foul von Nacho an Niclas Füllkrug in der 77. Minute. Der Petent ist der Meinung, dass diese Szenen spielentscheidend waren.
ran beantwortet Fragen rund um die Petition und ein mögliches Wiederholungsspiel.
Petition zum DFB-Aus bei der EM: Wo finde ich den Link?
Die Petition wurde auf der Plattform “change.org” gestartet – hier könnt ihr teilnehmen. Dafür müsst ihr allerdings persönliche Angaben machen, u.a. werdet ihr nach eurem Namen und eurer E-Mail-Adresse gefragt.
DFB-Aus: Wie könnte es mit der Petition weitergehen?
Bislang werden lediglich weitere Unterschriften gesammelt. Denn klar ist auch: Je mehr User sich an der Petition für eine Wiederholung des Spiels beteiligen, desto gewichtiger ist der Antrag. Welche Grenze sich der Petent mit dem Namen Erik V. gesetzt hat, wird nicht ersichtlich. Vermutlich ist er selbst überrascht über die vielen Unterschriften. Mit jedem erreichten Zwischenziel wird ein neues ausgegeben.
Um überhaupt Aussicht auf Erfolg zu haben, müsste die Petition jedoch erstmal an die UEFA weitergereicht werden, die Ausrichter der EM 2024 und damit verantwortlich für die Ansetzung der Spiele ist. Die Zeit drängt, da am Dienstagabend Spanien im Halbfinale auf Frankreich trifft (ab 21 Uhr im Liveticker).
Da es in der Petition ja genau darum geht, dass Deutschland eine zweite Chance erhält, Spanien zu bezwingen und sich für das Spiel gegen Frankreich zu qualifizieren, müsste eine Entscheidung vor dem Anpfiff in München fallen.
Wiederholung EM-Viertelfinale: Gibt es eine rechtliche Grundlage?
Kurz und schmerzlos: nein. Auch wenn der Schiedsrichter die beiden Szenen falsch bewertet haben sollte, handelt es sich in der Fußballsprache um Tatsachenentscheidungen, die nach einem Spiel nicht mehr korrigiert werden können. Ohnehin gibt es gerade bei der Situation um den möglichen Handelfmeter auch viele Stimmen, die Taylor beispringen. Darunter etwa der ehemalige Weltklasse-Schiedsrichter Urs Meier, der sich bei ran geäußert hat.
In den UEFA-Regularien zur EM behandelt der Artikel 29 die “Neuansetzung von Spielen”. Dabei geht es jedoch einzig um Partien, die “nicht wie geplant beginnen oder nicht zu Ende gespielt werden” konnten. Der Artikel wäre etwa zur Anwendung gekommen, wenn das Achtelfinale zwischen Deutschland und Dänemark (2:0) nach der Unterbrechung wegen des Unwetters hätte abgebrochen werden müssen. Die Entscheidung liegt dabei beim Schiedsrichter.
Interessant ist im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Wiederholung des Spiels zwischen Deutschland und Spanien auch Artikel 55 “Protest und Berufung”. Demnach muss ein Protest “innerhalb von zwölf Stunden nach Spielende bei der UEFA-Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer eingehen”. Sollte eine Berufung gegen eine Entscheidung des Gremiums angestrengt werden, muss die entsprechende Erklärung “innerhalb von 24 Stunden nach Eröffnung der begründeten Entscheidung eingereicht werden”. Die Fristen sind also lange abgelaufen.
EM-Online-Petition: Gibt es Präzedenzfälle?
Es ist nicht bekannt, dass jemals ein Turnierspiel der UEFA oder eines anderen großen Fußballverbandes wegen einer Petition wiederholt wurde. In diesen Fällen würden die mächtigen Verbände ihre Entscheidungsgewalt ein Stück weit aus der Hand geben, zudem spricht auch der eng getaktete Spielkalender dagegen. Selbst wegen höherer Mächte verschobene oder abgebrochene Spiele müssen den Regularien entsprechend bereits am Folgetag nachgeholt werden.
So fand das Viertelfinale der Frauenfußball-EM 2017 zwischen Deutschland und Dänemark (1:2) wegen Unbespielbarkeit des Platzes infolge starken Regens nicht wie geplant am 29. Juli ab 20:45 Uhr statt, sondern erst am 30. Juli ab 12 Uhr.
Vor dem Zeitalter des Elfmeterschießens wurde etwa das Finale der EM 1968 in einem Wiederholungsspiel entschieden. Nachdem sich Italien und Jugoslawien am 8. Juni des Jahres mit 1:1 nach Verlängerung getrennt hatten, gewann die “Squadra Azzurra” damals zwei Tage später in der Neuauflage mit 2:0.