Ein Spieler im rot-blauen Trikot steht auf dem Feld. Er trägt einen Helm und hält seinen hölzernen Schläger fest in den Händen. Der linke Fuß vor dem rechten, die Knie leicht gebeugt. Hinter ihm steht eine Holzkonstruktion, das sogenannte Wicket, das es um jeden Preis zu verteidigen gilt. Gebannt schaut er auf den Bowler. Der Spieler der gegnerischen Mannschaft im gelb-schwarzen Trikot nimmt Anlauf, holt aus und schmettert den Ball in Richtung des Batsman, der seinen Schläger energisch schwingt. Volltreffer. Im hohen Bogen fliegt der Ball über das Spielfeld hinaus. Für den Treffer gibt es sechs Runs, die höchstmögliche Punktzahl, die beim Cricket in einem Spielzug erreicht werden kann.
Cricket ist die zweitbeliebteste Sportart der Welt, schreibt unter anderem der Focus, und sie wird 2028 sogar olympisch. Der Sport genießt in der Fußballnation Deutschland im Vergleich allerdings noch wenig Aufmerksamkeit. Doch auch hierzulande gewinnt der Sport an Popularität, weiß Safiqul Islam, Präsident und Kapitän des Cricket-Teams Rhein-Ruhr Sports in Düren. „Bis Cricket in Deutschland aber so richtig berühmt wird, wird es noch eine Weile dauern“, sagt er. Das Team wurde 2022 gegründet und hat sich in kurzer Zeit einen Namen gemacht, spielt auf regionaler Ebene und qualifizierte sich im vergangenen Jahr für die „European Cricket Series“.
An den Sport ist Safiqul Islam in seiner Heimat Bangladesch geraten. Dort erfreut sich Cricket großer Beliebtheit. „Ich und viele andere der Clubmitglieder sind mit dem Sport aufgewachsen“, sagt er. Für seine Doktorarbeit ist der Mannschaftskapitän nach München gezogen und arbeitet mittlerweile am Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln. Auf dem Cricket-Feld kann Islam ein Stückchen Heimat erleben.
Dürener Boxlegende (70) denkt nicht an Rente
Dieses Heimatgefühl scheint jedenfalls ein Anziehungsmagnet für den Cricket-Verein zu sein: 47 Mitglieder aus verschiedene Ländern, beispielsweise Afghanistan, Indien, Pakistan und Deutschland, verzeichnet Rhein-Ruhr Sports aktuell. Safiqul Islam ist stolz auf die Diversität seiner Gruppe. Sie sei es, die sein Team so besonders mache: „Wir haben viele verschiedene Nationalitäten bei uns. Von Asylsuchenden über Studenten, bis hin zu denen, die sich in Deutschland bereits eine Existenz aufgebaut haben, ist alles dabei.“
Safiqul Islam
Kapitän und Präsident
Sieben Asylsucher sind Mitglied bei Rhein-Ruhr Sports. Safiqul Islam ist sich bewusst, dass das eine gewisse Verantwortung mit sich bringt. „Wir bemühen uns hier um die Integration all unserer Mitglieder“, sagt er. Dabei hilft ihm die multikulturelle Struktur seiner Mannschaft: „Wir helfen einander. Diejenigen, die sich in Deutschland bereits etabliert haben, unterstützen den Rest bei der Integration. Das funktioniert super“, berichtet er.
Der Landrat und die Schleuserbande
Ein erfolgreiches Cricket-Team mit diversem Hintergrund, das zusammenhält und einander unterstützt – besser könnte es für Safiqul Islam und seine Mannschaft kaum laufen, oder? Einen Wunsch hat der Kapitän aber doch noch: einen festen Trainingsplatz. Zurzeit muss der Dürener Club da trainieren, wo gerade Platz ist. Wenn Rhein-Ruhr Sports sein Cricket-Talent weiterhin so unter Beweis stellt, ist vielleicht auch der künftig gesichert.
Darum geht es bei Cricket
Beim Cricket treten zwei Mannschaften mit jeweils elf Spielern gegeneinander an. Eine Mannschaft ist während des ersten Innings – also der ersten Hälfte – des Spiels für das Werfen des Balls und die Feldarbeit zuständig, während die andere Mannschaft schlägt. Nach dem ersten Inning werden die Rollen getauscht. Per Münzwurf wird entschieden, welches Team als Schlagmannschaft beginnt.
Cricket wird auf einem ovalen Feld gespielt, in dessen Mitte sich die Pitch befindet. Die Pitch ist eine rechteckige Spielbahn, die 20,12 Meter lang und 3,05 Meter breit ist. An jedem Ende der Spielbahn stehen sich zwei Schlagmänner (Batsmen) der gleichen Mannschaft gegenüber. Hinter ihnen steht das Wicket, eine Holzkonstruktion bestehend aus drei senkrechten Holzstäben, auf denen zwei Querstäbe ruhen. Der Bowler wirft den Ball in Richtung eines Schlagmannes, der andere Schlagmann ist zu der Zeit passiv. Der aktive Schlagmann muss das Wicket vor dem anfliegenden Ball beschützen, indem er diesen mit seinem Schläger abwehrt.
Ziel der Feldmannschaft ist es, die Schlagmänner der gegnerischen Mannschaft rauszuwerfen. Dafür gibt es unterschiedliche Methoden, sogenannte Dismissals. Dazu gehören beispielsweise das Zerstören des Wickets oder das Fangen des vom Schlagmann getroffenen Balls in der Luft. Ein Inning ist beendet, nachdem zehn Schlagmänner ausgeschieden sind, oder nachdem eine vorher festgelegte Anzahl an Würfen erreicht wurde.
Runs, also Punkte, werden auf verschiedene Weisen erzielt. Wird der Ball getroffen, müssen die Schlagmänner auf die gegenüberliegende Seite des Pitches laufen. Schaffen sie das, bevor die Feldmannschaft den Ball zurückbringen und das Wicket per Wurf zerstören kann, erzielt die Schlagmannschaft einen Run. Berührt der Ball nach dem Treffer den Boden und landet hinter der äußeren Spielfeldgrenze, erhält die Schlagmannschaft vier Runs. Fliegt der Ball direkt ins Aus, gibt es sechs Runs. Das Team mit den meisten Runs gewinnt das Spiel.