Drei junge Menschen erzählen, warum sie sich im Job nicht outen

Drei junge Menschen erzählen, warum sie sich im Job nicht outen

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Umfrageergebnisse zeigen, dass viele queere Menschen Angst haben, im Job offen über ihre sexuelle Identität zu sprechen. Was sich ändern müsste, berichten drei von ihnen.

Die Hasskriminalität gegenüber LGBTQIA+-Menschen steigt an, die Rechte vieler queerer Personen sind bedroht und noch immer haben sehr viele LGBTQIA+-Menschen Angst bei dem Gedanken, vor Kollegen oder dem Chef offen zu ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität zu stehen.

Die Studie „Out im Office?!“ der Prout at Work-Stiftung erhebt seit 27 Jahren Daten zur Lebenssituation von queeren Menschen im Job. Jüngste Ergebnisse zeigen: Rund jeder vierte Homosexuelle in Deutschland ist bei keinem oder nur ein paar wenigen Kollegen geoutet.

Noch bitterer sieht es bei trans Menschen aus, hier verheimlicht mehr als die Hälfte (55,5 Prozent) die eigene Geschlechtsidentität größtenteils oder ganz. Die Mehrheit (57,8 Prozent) der 1.587 Befragten arbeitet dabei in Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern. Die positive Nachricht: Immer mehr Personen trauen sich, offen über ihr queeres Leben zu sprechen, die Zahlen sind sowohl bei Homo- und Bisexuellen, wie auch bei trans Personen seit 2017 angestiegen.

„Einfach zu risky“: Warum sich queere Menschen im Job nicht outen wollen

„Jeder ist doch gerade froh, wenn er einen Job hat – diesen aufs Spiel zu setzen, mit einem Outing ist vielen einfach zu risky“, sagt Jolene (24) aus Darmstadt BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Sie lebt mit ihrer Freundin seit zwei Jahren zusammen und arbeitet weitestgehend ungeoutet als Sekretärin. „Mein Job ist anstrengend und ich will mich nicht damit auseinandersetzen müssen, möglichen homofeindlichen Kollegen immer wieder erklären zu müssen, was Homosexualität ist und warum ihr Verhalten nicht in Ordnung ist.“

„Ich will nicht, dass andere Kollegen hinter meinem Rücken über mich tuscheln oder schlecht reden. Das hab ich schon während meiner Ausbildung erlebt“, sagt der schwule medizinische Laborassistent Michael (28) aus Süddeutschland. Unbegründet sind seine Bedenken nicht: Fast die Hälfte der queeren Menschen erlebt laut der Studie, dass im Job über sie getuschelt, gelogen oder Gerüchte verbreitet werden. Rund jeder Dritte muss mitansehen, dass er lächerlich gemacht oder verächtlich imitiert wird. Über 40 Prozent erleben, dass man sie unangenehm über ihr Privatleben und ihre Sexualität ausfragt.

Eine Studie zeigt, dass viele queere Menschen Angst vor einem Outing im Job haben. © Westend61/Imago

Outing im Job: „Schon einer unter 1.000 kann dir das Leben zur Hölle machen“

„Ja, ich bin queer, ja ich bin trans und stolz darauf und ja, glücklicherweise sieht man es mir nicht direkt an, aber trotzdem habe ich nicht das Bedürfnis, mich vor den Kollegen sofort outen zu müssen. Vielleicht irgendwann. Ganz ehrlich, derzeit ist die Angst noch zu groß“, sagt trans Frau Mona (25) aus dem Raum Hamburg. Jede dritte trans Person wird derzeit im Job beschimpft, jede Fünfte erlebt Erpressung bis hin zu körperlicher Gewalt.

Alle drei Befragten sind sich einig, dass sich das gesamtgesellschaftliche Klima ändern müsste, damit sie das Coming-Out wagen. Jolene sagt dazu: „Jede politische Maßnahme kann nur bedingt helfen, denn am Ende liegt es immer an dem einen Chef oder dem einen Kollegen, der vielleicht doch homofeindlich ist, selbst wenn 99 Prozent der anderen Leute in der Firma queerfreundlich sind. Schon einer unter 1000 kann dir das Leben zur Hölle machen.“

Ähnlich sieht das auch Mona: „Die Lage für trans Menschen hat sich in den letzten Monaten so extrem aufgeheizt, dass ich mich lieber ein wenig verstecke und dafür nicht fünf Tage die Woche in Angst leben muss. Und ich brauche den Job.“

Dies ist ein Artikel von BuzzFeed News Deutschland. Wir sind ein Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes. Hier gibt es alle Beiträge von BuzzFeed News Deutschland.

Geoutete Mitarbeiter im Job glücklicher – Hürden bleiben hoch

Studien der letzten Jahre zeigen, dass geoutete Mitarbeiter nicht nur mehr Leistung bringen, sondern auch glücklicher und befreiter leben und arbeiten können. „Klar, wir alle kennen diese unangenehmen Fragen von Kollegen, wie man sein Wochenende verbracht hat und viele von uns drucksen dann herum. Und ja, das tut auch weh.“

„Je länger du wartest mit dem Outing, desto schwieriger wird es. Und desto größer kann das Unverständnis der Kollegen sein, weil du sie ja aus ihrer Sicht angelogen hast. Wenn wir in einem Job nicht wir selbst sein können oder wollen, wird das auch nicht der Job fürs Leben sein. Ein Outing bleibt sinnvoll, es wäre nur schön, wenn unsere Mitmenschen es uns nicht immer noch so schwierig machen würden“, sagt Jolene.

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