Anfang 2024 sind in Deutschland rund 2,77 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Die Agentur für Arbeit versucht die meisten in langfristige Arbeitsverhältnisse zu vermitteln.23.06.2024 | 30:05 min
Es ist kurz nach fünf Uhr morgens, als sich Hartmut Schmidt auf den Weg zur Job-Sofortvermittlung in München macht. Um sechs Uhr öffnen dort die Türen. Wie jeden Tag hofft der 61-Jährige, einen der wenigen Tagesjobs zu ergattern. “Immer positiv denken, auch wenn’s schwerfällt. Wenn man einer der Ersten ist, hat man die besten Chancen.”
2,6 Millionen Menschen zwischen 20 und Mitte 30 haben keine Berufsausbildung. Viele wollen lieber arbeiten – statt Abschlüsse zu absolvieren. Das verstärkt den Fachkräftemangel. 04.09.2023 | 3:32 min
Tagelöhner arbeiten häufig in ‘Knochenjobs’
Die Jobs, die tageweise angeboten werden, sind überwiegend Knochenjobs, wie auf dem Bau, in der Logistik oder im Gartengewerbe. Hartmut Schmidt sagt:
“Arbeiten muss man gerne machen”, fügt Schmidt hinzu. “Es bringt nichts, da verbittert oder mit schlechter Laune reinzugehen, das ist nicht gut.”
Nach vier Stunden Wartezeit gibt es endlich einen Auftrag für den Messebauer: Baumaschinen reinigen für einen Verleihbetrieb. Immerhin kann er jetzt noch vier Stunden Geld verdienen – 17,50 Euro pro Stunde vor Steuern zahlt der Betrieb. Das ist deutlich über dem Mindestlohn.
Deutschland kriegt die Krise: Es herrscht Fachkräftemangel und bei so manchem Arbeitgeber liegen die Nerven blank. Gen Z sei zu faul, zu schlecht ausgebildet und zu anspruchsvoll.05.09.2023 | 12:38 min
Viele kommen aus anderen EU-Ländern
Seit rund 20 Jahren leitet Brigitte Buchfellner die Jobbörse in München. Die meisten ihrer “Klienten” kennt sie seit Jahren. Buchfellners Credo: Für jeden eine passende Arbeit finden – und wenn es nur für einen Tag ist.
Überwiegend sind es Männer, die im Wartezimmer der Jobbörse sitzen. Viele haben gebrochene Biografien, versuchen, wieder Anschluss ans Berufsleben zu bekommen. Die Jobvermittlerin sagt:
Denn dann fühlten sie sich “angenommen und wichtig”.
Für zwei Männer aus Kroatien hat sich der Weg zur Jobbörse heute gelohnt. Gleich vier Tage am Stück sollen sie für eine Baufirma Parkettboden rausreißen, Fliesen und Estrich rausstemmen. Schwere Arbeit, doch die beiden sind froh, sich und ihre Familie für eine kurze Zeit weiter versorgen zu können.
Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarktforschung gibt es “keine klare anerkannte Definition”. Als Tagelöhner werden meist arbeitslose Menschen bezeichnet, die sich tageweise einen Job als Zuverdienst suchen. Oft finden sie die Arbeit über Jobbörsen, auch die Arbeitsagenturen bieten in einigen deutschen Städten solche Sofortvermittlungen an. Daten über die Zahl der Menschen, die als “Tagelöhner” arbeiten, gibt es aktuell nicht.
Allgemeiner Arbeitskräftemangel in vielen Branchen
Auch Arbeitgeber wie Rudolf Mandl profitieren vom uneingeschränkten Zugriff auf die hochflexiblen Arbeitskräfte. Alle drei Wochen deckt der Firmenchef Auftragsspitzen mit Männern wie Hartmut Schmidt ab. “Es gibt Wochenenden, da haben wir 200 Maschinen draußen und da ist die Woche drauf unheimlich viel Service und Putzen. Und dann gibt´s Tage, da gehen bloß zehn oder zwanzig, da braucht man überhaupt keinen.”
Der schnelle Zugriff auf Helfer bedeutet aber auch zusätzlichen Aufwand. Die Firmen übernehmen die Sozialabgaben, zahlen die Krankenkasse und vergüten die Arbeiter oft über Mindestlohn.
Der Fachkräftemangel betrifft nahezu alle Branchen, da viele Babyboomer in Ruhestand gehen. Die “Generation Ü” vermittelt fitte Rentner im Arbeitsmarkt.29.09.2023 | 2:07 min
Die genaue Zahl der Tagelöhner in Deutschland zu erfassen, ist schwierig. Bundesweit gibt es zwar jede Menge Jobbörsen für Tageshelferjobs im Internet, auch ebay-Kleinanzeigen bietet so einen Service, registrieren muss man sich da aber meist nicht.
Tagesjobs auch für Rentner
Heute hat er keinen Tagesjob bekommen und wechselt zu Plan B: Flaschensammeln. Das Leergut macht er im nächsten Supermarkt sofort zu Geld. “2,50 Euro. Das ist ein schlechter Tag, normalerweise ab fünf Euro wäre zufriedenstellend. Aber 2,50 Euro ist besser als gar nichts.“
Morgen früh wird der 69-Jährige wieder versuchen, bei der Frankfurter Jobbörse einen Tagesjob zu ergattern.