UniCredit-CEO Andrea Orcel erwägt laut Bloomberg eine Übernahme der Commerzbank.
Orcel ist bekannt für seinen ehrgeizigen, energischen und harten Führungsstil.
Die mögliche Übernahme könnte eine der größten Banken in Deutschland schaffen, stößt aber auf Widerstand von Gewerkschaften und der Regierung.
Mit den anhaltenden Spekulationen über eine mögliche Übernahme der Commerzbank richtet sich der Fokus des Frankfurter Finanzviertels auf einen Mann: Andrea Orcel. Er ist der CEO von Unicredit. Die italienische Bank plant laut eigenen Angaben, ihren Anteil an der Commerzbank weiter zu erhöhen, nachdem sie vergangene Woche neun Prozent der Aktien von der Bundesregierung erworben hatte.
Der Geschäftsführer schließt eine Übernahme nicht aus. Im Gegenteil: Er sagte zu „Bloomberg“, dass Gespräche über M&A-Aktivitäten (zu Deutsch: „Fusionen und Übernahmen“) bei Unicredit ganz oben auf der Agenda stehen. Doch wer ist der Mann, der über die Zukunft einer der größten deutschen Banken entscheiden könnte?
Orcel, 1963 in Rom geboren, studierte Wirtschaft an der Sapienza-Universität in Rom und schloss sein Studium mit Auszeichnung ab. Das Thema seiner Bachelorarbeit: feindliche Übernahmen.
Zu seinen ersten Arbeitgebern im Finanzsektor gehören laut seiner Linkedin-Seite renommierte Namen: die Investmentbank Goldman Sachs, die Unternehmensberatung BCG. 1990 kam Orcel zu Merrill Lynch und arbeitete sich im Investment-Bereich hoch – bis die Bank 2009 in der Finanzkrise 23 Milliarden US-Dollar verlor und von der Bank of America übernommen wurde.
Er blieb bei der US-Bank bis 2012. Danach wechselte Orcel zur Schweizer Bank UBS, wo er als Präsident der Investmentsparte arbeitete. Dort leitete er eine umfassende Neuausrichtung: Er kürzte tausende Stellen, sparte drei Milliarden Dollar ein und setzte stärker auf Gewinne. Nach einem gescheiterten Übergang zur spanischen Bank Santander wurde Orcel im Jahr 2021 zum CEO der Unicredit Gruppe ernannt – wo er abermals einen harten Führungskurs prägt.
Er wird für seinen Ehrgeiz gelobt, für seine Strenge kritisiert
Orcel gilt als extrem ehrgeizig. Kollegen nennen ihn laut „The Guardian“ den „Ronaldo des Bankings“. Er sei bekannt für seinen starken Fokus auf harte Arbeit, ständige Präsenz im Büro und strikte Leistungsorientierung.
Allerdings hat er unter Kollegen auch den Ruf, besonders streng zu sein. Kritiker sagen, er fördere wenig Teamarbeit und grenze diejenigen aus, die seinen Anforderungen nicht entsprechen. Die Financial Times beschreibt ihn als äußerst wettbewerbsorientiert, mit einem hitzigen Temperament und der Neigung, auch mal laut zu werden.
Dieser strenge Stil hat auch Auswirkungen auf die Mitarbeiter unter ihm. Als 2013 der Tod eines Praktikanten die Arbeitsbedingungen infrage stellte, weigerte sich Orcel laut Dealbreaker, die Arbeitszeiten der Junior-Banker bei UBS anzupassen. Auch andere Führungskräfte bestätigten gegenüber Financial News London, dass er „oft aggressiv gegenüber Kollegen“ sei.
Sein ehrgeiziger, energischer und harter Führungsstil wirft Fragen darüber auf, welche Veränderungen bei der Commerzbank anstehen könnten – sollte seine Bank sie übernehmen.
Was er mit der Commerzbank vor hat
Was Orcels Pläne für die Commerzbank betrifft, hat der CEO klargemacht, dass alle Optionen offen sind. In einem Interview mit „Bloomberg“ sagte er konkret, dass er in Betracht zieht, Unicredits Anteil zu erhöhen, eine Fusion anzustreben oder gar nichts zu tun.
Ein solcher Schritt könnte eine der größten Banken in Deutschland schaffen, steht jedoch vor großen Herausforderungen, darunter der Widerstand von Gewerkschaften und der deutschen Regierung.
„Wir glauben, dass es angesichts der Fragmentierung des Marktes Raum gibt, durch Konsolidierung zusätzlichen Wert zu schaffen“, sagte er im Interview. „Wenn es eine Grundlage dafür gibt, dies konstruktiv zu tun und das zu stärken, was wir der deutschen Wirtschaft und Europa bieten können, dann ist das ein großartiger Schritt für Unicredit.“
Ihr arbeitet für die Commerzbank? Oder habt in der Vergangenheit in irgendeiner Form mit Commerzbank zusammengearbeitet? Dann meldet euch vertraulich bei unserem Reporter Chris Lunday. Ihr erreicht ihn per Mail unter chris.lunday@businessinsider.de.