Clemens Fuest, Chef des Ifo-Instituts, bezeichnet Deutschland im Interview mit dem „Handelsblatt“ als „alten Mann Europas“.
Er nennt demografischen Wandel, strukturelle Probleme in der Auto-Industrie und Anfälligkeit für geopolitische Risiken als Hauptgründe für die ökonomischen Probleme.
Fuest kritisiert die Priorisierung von Sozialausgaben statt Investitionen und lehnt eine Aufweichung der Schuldenbremse ab.
Clemens Fuest ist als Chef des Münchener Ifo-Instituts wohl einer der wichtigsten Ökonomen des Landes. Und er sieht Deutschland für die Zukunft schlecht aufgestellt – zwar nicht als „kranken“, dafür aber als „alten Mann Europas“. Das erklärt er dem „Handelsblatt“.
Deutschland sei nicht das einzige Land, dass sich aktuell in Schwierigkeiten befinde, sagt er. Aber einige Faktoren beträfen das Land besonders. Zunächst der demografische Wandel, durch den weniger Erwerbstätige bereitstünden. Zudem strukturelle Probleme durch den Fokus auf die Autoindustrie. Und eine hohe Anfälligkeit für geopolitische Risiken, durch Export- und Energieabhängigkeit.
Das geflügelte Wort des „kranken Mannes Europas“ hält er daher für falsch. Es sei zu sehr von der Arbeitslosigkeit um die Jahrtausendwende geprägt. „Ich würde eher vom alten Mann Europas sprechen“, sagt Fuest dem „Handelsblatt.“
Deutschland „mittendrin in einer schleichenden Deindustrialisierung“
Deutschland befinde sich zudem „mittendrin in einer schleichenden Deindustrialisierung“. Gerade in energieintensiven Branchen sehe man einen Rückgang der Produktion. Hinzu komme der Wandel in der Autoindustrie hin zur Elektromobilität.
Außerdem kritisiert Fuest, dass politisch gerade Sozialausgaben priorisiert werden, statt zu investieren. „Die aktuelle Stagnation, die wir erleben, ist durch die schwache Investitionstätigkeit verursacht“, sagt Fuest.
Von einer Aufweichung der Schuldenbremse hält er allerdings nichts. Auch dann würden voraussichtlich Sozialausgaben priorisiert.
sb