Angeführt von Franz Wagner und Dennis Schröder feiert Deutschland einen beeindruckenden, lange dominanten 85:71-Sieg gegen Frankreich. Der Lohn ist der Gruppensieg und ein vermeintlich einfacherer Weg für den weiteren olympischen Turnierverlauf.
Los ging es am Freitagabend für die deutsche Mannschaft mit einem besonderen Empfang – erwartbar, aber doch eindrucksvoll. Lauthals, ja leidenschaftlich erweckten 27.000 Franzosen das Pierre Mauroy Stadium lauthals zum Leben, da hatte das Spiel noch gar nicht begonnen. Vielstimmig hallte die Marseillaise von den Rängen des zur Halle umgebauten Stadions.
Der Sprungball richtete den Fokus von den Rängen auf das Parkett in dessen Mitte. Auch dort prägte Leidenschaft schnell das Geschehen. Center Rudy Gobert – mit seinen 2,16 Metern noch der Kleinere von zwei französischen Türmen – eröffnete das Spiel, Franz Wagner antwortete nach Spin-Move per Korbleger. Auf ihn würde es ankommen, als Teil eines Brüder-Duos mit Moritz Wagner, vor allem aber als Teil des dominanten Duos mit Aufbauspieler Dennis Schröder.
Schröder und Wagner gehen voran
Und das Duo dominierte. Schröder brachte Deutschland mit zwei Korblegern nach zwei Minuten die erste Führung (6:4), legte per Dreier nach, übergab das Zepter dann wieder an Wagner. Der verlieh der Dominanz Nachdruck: Wagner dunkte kraftvoll, traf seinen ersten, zuletzt wackeligen Dreier und nahm dann Victor Wembanyama mit aufs Poster. Wembanyama, das französische Wunderkind mit dem Potenzial zum Dominator des Weltbasketballs, streckte seine 2,24 Meter energisch – und konnte Wagners Dunk dennoch nicht verhindern.
Auf den Rängen in Lille, rund um das Parkett, das aktuell die Basketballwelt bedeutet, war es schon deutlich ruhiger, als das erste Viertel mit 24:18 für Deutschland endete. Wagner und Schröder hatten da bereits je neun Punkte erzielt, je neun Punkte mehr als der wundersame Wembanyama. Ein gefährlicher Wurf vom Zonenrand bis hinter die Dreierlinie, eine fast unerklärliche Beweglichkeit, Präsenz unter dem Korb – all das nennt der 20-Jährige sein Eigen. Nichts davon war am Freitag in der ersten Halbzeit zu sehen.
Hauptverantwortlich: Deutschlands Defensive. Bundestrainer Gordon Herbert hatte sie nahe an der Perfektion eingestellt. Moritz Wagner, Daniel Theis, Johannes Voigtmann und Johannes Thiemann – Deutschlands Forwards und Center stemmten sich mit Kraft und Cleverness gegen die Größe von Wembanyama und Gobert. Immer dann, wenn sie Hilfe brauchten, kamen ihre Mitspieler zu ebendieser geeilt. Deutschland verteidigte mit einer Seriosität, einer Energie und einer Genauigkeit, die beeindruckten.
Zwischen Dominanz und Demontage
Und offensiv? Da wurde aus der Dominanz zwischenzeitlich eine Demontage. Moritz Wagner, Theis, Johannes Voigtmann, Isaac Bonga – sie alle waren eingebunden und trugen bei zu einer flüssigen Offensive. Angeführt aber wurde die vom gleichermaßen punktenden und Fäden ziehenden Dennis Schröder (26 Punkte, neun Assists) und Franz Wagner (26 Punkte). Korbleger Wagner, Dreier Schröder, Dreier Wagner, Dreier Schröder. Innerhalb von zweieinhalb Minuten machte Deutschland aus einem 32:23 ein 45:25.
Nochmal zweieinhalb Minuten später endete eine der besten Halbzeiten des deutschen Basketballs mit 48:27. Statt von Stille wurden die Franzosen nun von lauten Pfiffen ihrer Landsleute in die Kabinen begleitet. Wirklich laut wurde es in Lille erst Anfang des vierten Viertels wieder.
Zuvor hatten Wagner, Schröder und ihre Mannschaft die Geschichte der ersten Halbzeit einfach weitererzählt. Zwar nicht mehr so dominant, aber weiterhin seriös, hatten sie ihre Führung stabil gehalten. Wie nebenbei hatte Franz Wagner gegen zwei Gegenspieler für den bis dato wohl spektakulärsten Dunk des Turniers gesorgt. Nun aber kam Frankreich. Ein letztes Aufbäumen der Gescholtenen, ein 11:0-Lauf, ein 57:69 aus ihrer Sicht mit noch knapp sieben Minuten. Das Spiel schien wieder offen.
Der derbste von drei Dunks: Franz Wagner stopft wuchtig gegen Frankreich.
Den (anderen) großen Namen aus dem Weg gegangen
Was folgte, war der nächste von vielen Belegen für das in den vergangenen Jahren auf ein – im wahrsten Sinne des Wortes – weltmeisterliches Niveau gestiegene Selbstverständnis der Deutschen. Bonga traf einen Dreier, Moritz Wagner dunkte krachend, Voigtmann und Theis legten zwei Dreier nach. 36 von 40 Minuten waren gespielt, Deutschland führte mit 80:61, das Spiel war entschieden.
Noch wichtiger als die Art des Sieges vom Freitag sind dessen Folgen für die kommenden Tage. Als Gruppensieger geht die deutsche Mannschaft – dann in Paris, statt in Lille – mindestens im Viertelfinale den ganz großen Namen der USA und denen aus Kanada aus dem Weg. Wobei sie zumindest vor Letztgenannten spätestens jetzt ohnehin keine Angst mehr haben muss. Viel eher sollte das Gros der anderen Teams Angst vor der deutschen Mannschaft haben.
Brasilien folgt Deutschland und Frankreich ins Viertelfinale
Bereits am Freitagvormittag sicherte sich in der Gruppe B auch Brasilien das Ticket für das Viertelfinale. Mit einem 102:84-Sieg gegen Japan sicherten sich die Südamerikaner den dritten Platz in der Gruppe. Ihre Korbdifferenz ist dabei um einen Punkt besser (-7) als die von Griechenland (-8), dem Dritten aus der Gruppe A. So steht schon jetzt fest, dass die Brasilianer die Gruppenphase als einer der zwei besten Gruppendritten abschließen werden.
Die japanische Auswahl hingegen beendet die Gruppenphase mit drei Niederlagen aus drei Spielen und scheidet somit aus dem Rennen um die olympischen Medaillen aus.