Eco-Studie beziffert Wertschöpfungs-Effekte auf 250 Milliarden Euro
Berlin/Köln, 15. Oktober 2024. Rechenzentren sind gefragt und umstritten: Durch den Trend, möglichst viel Datenverarbeitung nicht mehr vor Ort, sondern in fernen Rechnerwolken („Clouds“) zu erledigen, steigt der Bedarf an solchen Datenzentren Jahr für Jahr. Allerdings tragen diese Cloud-Standorte und Supercomputer weltweit auch erheblich zum steigenden Energieverbrauch bei. Ohne Rechenzentren aber wären viele neuere Geschäftsmodelle hinfällig – und an denen hängen wiederum viele Milliarden Euro Wirtschaftsleistung und zahlreiche Jobs.
„Unter Berücksichtigung der indirekten Effekte auf andere Unternehmen durch die Rechenzentrumsnutzung ergibt sich eine zusätzliche Bruttowertschöpfung von rund 250 Milliarden Euro für die deutsche Volkswirtschaft“, hat nun eine Untersuchung der „Institut der deutschen Wirtschaft Consult GmbH“ im Auftrag des Digitalwirtschaftsverbandes „Eco“ in Berlin und Köln ergeben. Zudem hängen mittlerweile 5,9 Millionen Jobs in der Bundesrepublik an der Cloud – mit jedem Monat 126.000 mehr.
Verband: Deutsche Innovationskraft mit Rechenzentren untrennbar verknüpft
„Für den Wirtschaftsstandort Deutschland, dessen Erfolg maßgeblich von der Innovationskraft seiner Unternehmen abhängt, sind Rechenzentren damit ein zentraler Treiber für digitale Innovationen“, kommentiert Béla Waldhauser vom Eco-Verband diese Befunde. „Die Bedeutung von Rechenzentren für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands kann damit kaum überschätzt werden.“
Clouds lassen sich auch auf dem Dorf einsetzen – Standortnachteile zur Großstadt schwinden
Nach Eco-Einschätzung sind Unternehmen, die Rechenkapazitäten und vorbereitete informationstechnologische Dienste aus der Cloud nutzen, oft besonders innovativ. Zudem könne der Cloud-Trend dabei helfen, die Standort-Nachteile im ländlichen Raum zu überwinden. „Die ländlich geprägte digitale Avantgarde kann über Rechenzentren ihre Distanznachteile zu den Städten kompensieren“, heißt es in der Studien-Zusammenfassung. Was meint: Anders als früher sind innovative Hochtechnologie-Gründungen nicht mehr so zwingend wie früher auf die Großstädte und ihre Infrastrukturen angewiesen, wenn sich viele IT-Dienste per Cloud buchen lassen – eine schnelle Internetverbindung natürlich vorausgesetzt.
Schlüsseltechnologie KI treibt Rechenzentren-Bedarf besonders stark hoch
Und: „Künstliche Intelligenz“ (KI) kristallisiert sich immer mehr als zentrale Schlüsseltechnologie für erhebliche Produktivitäts-Schübe im Dienstleistungssektor, in Software-Schmieden, Text-Werkstätten, Internet-Handelshäusern, Fabriken und vielen anderen Betrieben und Branchen heraus. Dieser massive KI-Einsatz ist ohne Cloud-Anbindung – und damit zusätzliche Rechenzentren – gar nicht möglich.
Digitalwirtschaft beklagt immer neue Regulierungen und lahme Bürokratie
Von daher ist damit zu rechnen, dass – gegen den anderswo in der Bauwirtschaft beobachtbaren Abwärtstrend – die Bauaufträge für neue Rechenzentren weiter steigen und auch die großen Profi-Ausrüster von Rechenzentren mit gefüllten Orderbüchern rechnen können. Allerdings sieht gerade die Digitalwirtschaft in Europa und Deutschland auch wachsende Hindernisse für den Cloud-Boom, vor allem durch neue Regulierungen und lahmende Bürokratie. Dazu zählen die teils wenig realistischen Energiespar-Vorgaben für neue Rechenzentren in der EU, aber auch langwierige Genehmigungsverfahren. „Der Entwurf verkennt die Potenziale der Digitalisierung zur Erreichung der Klimaziele, indem die dafür notwendigen Rechenzentren als infrastrukturelle Basis mit nicht erfüllbaren Vorgaben belastet werden“, hatte der deutsche Bitkom-Verband aus Berlin bereits Mitte 2023 in seiner Stellungnahme zum „Energieeffizienzgesetz“ gewarnt. Die Bundesampel entschärfte in der Folge zwar einige Vorgaben – doch die Hindernisse für neue Rechenzentren in Deutschland bleiben hoch.
AWS-Manager: 6 Jahre Vorlauf für ein neues Rechenzentrum in Deutschland sind einfach zu lange
„Die volkswirtschaftlichen Produktivitätseffekte der Digitalisierung lassen sich nur mit einer geeigneten Infrastruktur-Landschaft realisieren“, argumentiert beispielsweise Carsten Kestermann von der Amazon-Cloud-Tochter „AWS“. „Es kann bis zu sechs Jahre dauern, bis ein geplantes Rechenzentrum genehmigt und gebaut wird. Mit Blick auf die damit verbundenen Produktivitätseinbußen in der Anwenderindustrie ist das einfach zu lange. Wir brauchen mehr Tempo bei Planungs- und Genehmigungsverfahren, um die notwendigen Rechenkapazitäten für die digitale Transformation rechtzeitig errichten zu können.“ Dies schließe auch eine neue Flächen- und Genehmigungspolitik mit ein, fordert Kestermann.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Eco, Oiger-Archiv, Wikipedia
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