Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Die Arbeitsnachfrage kühlt weiter ab – insbesondere in den Berufsgruppen mit Spitzengehältern
- Unternehmen werben deutlich weniger offensiv um Fachkräfte: Gehaltstransparenz stagniert und Homeoffice-Angebote sinken leicht
- Mittelfristig steuert Deutschland aber weiterhin auf Fachkräfteengpässe zu
- Zuwanderung und KI: Potenziale sollten effizient genutzt werden
Was wird das kommende Jahr bringen? Nicht wenige stellen sich angesichts der aktuell wirtschaftlich wie politisch turbulenten Zeiten momentan diese Frage. Denn sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene ist momentan noch völlig unklar, aus welcher Richtung – und wie stark – der Wind im Jahr 2025 wehen wird. Die Wirtschaft tritt nun seit einiger Zeit auf der Stelle, die Wachstumsprognose wurde mehrfach nach unten korrigiert, die Zeichen stehen auf Stagnation. Mit dem Regierungswechsel in den USA und dem Bruch der Ampelkoalition sind nun weitere Quellen der politischen Unwägbarkeit hinzugekommen. Die Prognose der Wirtschaftsforschungsinstitute war auch vor diesen Ereignissen schon verhalten. Sie sagten in ihrer Herbstprognose ein Wachstum von 0,8 % für das nächste Jahr voraus. Inwiefern diese Vorhersagen noch zutreffen, wird unter anderem von der Gemengelage aus der Regierungsbildung in Berlin und geplanten wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sowie von weiteren internationalen Entwicklungen – beispielsweise möglichen US-amerikanischen Importzöllen – abhängen.
Zwar ist die Arbeitslosigkeit der Bundesagentur für Arbeit zufolge mit 5,9 % im November 2024 noch auf einem moderaten Niveau, hat aber dennoch über die vergangenen zwei Jahre etwas zugelegt. Die Zahl der Erwerbstätigen befindet sich mit rund 46 Millionen (Stand September 2024) weiterhin auf einem hohen Niveau und soll nach Einschätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung auch im nächsten Jahr noch leicht zunehmen. Zuwächse in der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung finden demnach allerdings aktuell vor allem aufgrund von Zunahmen in der Teilzeitbeschäftigung statt. Beschäftigungswachstum verzeichnen derzeit der öffentliche Dienst, das Gesundheitswesen sowie der Bereich Pflege und Soziales, während die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe im Jahresvergleich stark zurückging.
In dieser komplexen Gemengelage haben wir vom Indeed Hiring Lab Entwicklungen zusammengetragen, die sich in unseren Daten zeigen, und darin 5 Trends identifiziert:
Rückgang der Arbeitsnachfrage trifft vor allem Spitzenjobs. Der Rückgang zeigt sich derzeit vor allem bei hochbezahlten Positionen und Jobs in der Wissensökonomie, die besonders stark von der sinkenden Nachfrage betroffen sind. Dabei könnten mit den richtigen Weichenstellungen gerade innovative Sektoren zum Zugpferd für die notwendige Transformation werden.
Der Wettbewerb um Talente kühlt spürbar ab. Unternehmen legen bei Gehaltstransparenz und Homeoffice den Rückwärtsgang ein. Für die langfristige Fachkräftegewinnung sind Transparenz und flexible Arbeitsbedingungen aber weiterhin von Vorteil.
Das internationale Interesse an Jobs in Deutschland flacht ab. Das Interesse internationaler Jobsuchender war seit 2019 deutlich gestiegen, zeigt aber seit zwei Jahren keine nennenswerten Zuwächse mehr. Vereinfachte Einwanderungsprozesse und klare Perspektiven für Fachkräfte können das internationale Interesse an Jobs in Deutschland wiederbeleben.
KI bleibt in Stellenangeboten ein Nischenthema. Künstliche Intelligenz spielt in den meisten Stellenanzeigen keine Rolle und bleibt unausgeschöpft. Es werden aber Investitionen in KI-Systeme und die entsprechende Expertise nötig sein, damit Produktivitätsgewinne abgerufen werden können.
Flexibilität gewinnt für Arbeitnehmende an Bedeutung. Die Bereitschaft zum Quereinstieg steigt bei Jobsuchenden weiter an, während das entsprechende Jobangebot stockt. Flexible Einstellungspraktiken könnten aber nicht nur den trotz allem drohenden Fachkräftemangel lindern, sondern auch die berufliche Mobilität der Arbeitnehmenden unterstützen.
Die aktuelle wirtschaftliche Flaute trifft auf grundsätzliche strukturelle Probleme – dringend benötigte Investitionen könnten so aufgrund der zahlreichen Unwägbarkeiten ausbleiben. Wegen der gewachsenen wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit könnten nicht nur Investitionen in Produktionsstätten, Maschinen, Digitalisierung, Forschung und Entwicklung oder neue Standorte ausbleiben, sondern auch in die Belegschaften: Hier kann es zunehmend zu Einstellungsstopps oder sogar Entlassungen kommen. Insgesamt mehren sich die Zeichen, dass das Pendel der Verhandlungsmacht wieder etwas in Richtung der Arbeitgebenden schwingt. Die Transformationsprozesse und wirtschaftlichen Entwicklungen sorgen für eine sich ändernde Arbeitsnachfrage, die Jobsuchenden u. a. zunehmend Flexibilität abverlangt.
Trend 1: Digitale Delle, analoge Stärke
Insgesamt ist die Arbeitskräftenachfrage laut dem Indeed Arbeitsmarkt Index weiterhin rückläufig und lag saisonal bereinigt zum 1. November mit 130 Punkten zwar immer noch um rund ein Drittel über dem Vor-Pandemie-Niveau, jedoch setzt sich der negative Trend der vergangenen zwei Jahre weiter fort. Seit Jahresbeginn ist die Nachfrage damit insgesamt um 15,5 % gesunken. Auch laut Daten der IAB-Stellenerhebung sinkt die Zahl der offenen Stellen. Sie lag im 3. Quartal 2024 bei etwas unter 1,3 Millionen und ist damit wieder auf etwa demselben Niveau wie Ende 2021. Bislang gibt es keine Anzeichen für eine Abschwächung dieses allgemeinen Abwärtstrends, sodass konjunkturell bedingt für 2025 weitere Nachfrageeinbußen zu erwarten sind.
Die Nachfrage ist fast ausnahmslos in allen Berufsgruppen rückläufig, zwischen denen sich aber große Unterschiede zeigen. Den stärksten Rückgang im Indeed Arbeitsmarkt Index verzeichneten insbesondere Bürojobs mit starkem Fokus auf technische und digitale Expertise: Sowohl in der Softwareentwicklung als auch im Projektmanagement ist die Zahl der offenen Stellen seit Jahresbeginn um rund ein Drittel zurückgegangen. Auch in den Bereichen Kundenservice sowie IT-Support & IT-Infrastruktur schrumpfte die Nachfrage weiterhin deutlich, um etwa ein Viertel. Der Rückgang war hingegen in Tätigkeitsfeldern mit direktem Kontakt zu Menschen oder bei essenziellen Dienstleistungen weniger stark ausgeprägt, in einigen Bereichen gab es sogar ein Wachstum. So verzeichneten die Pflege (-1,1 %) und der Einzelhandel (-7,4 %) einen moderaten Rückgang, während die Medizintechnik (+1,9 %) und das Transportwesen (+0,9 %) einen Zuwachs aufwiesen.
Die Arbeitsnachfrage für Tätigkeiten mit besonders hohen Präsenzanforderungen verbleibt weiterhin auf hohem Niveau, insbesondere für Berufe mit intensiven Kunden- oder Kollegenkontakten und körperlichem Einsatz. Diese Jobs zeichnen sich durch eine geringe Homeoffice-Möglichkeit aus und umfassen unter anderem Tätigkeiten im Einzelhandel, in der Pflege, in der Lebensmittelzubereitung und Gastronomie, im Bauwesen, in der Produktion und in der Lagerhaltung. (Eine vollständige Liste der Berufsgruppen finden Sie im Abschnitt „Methodik“ weiter unten.) Diese Berufsgruppen sind besonders relevant für das Funktionieren grundlegender Versorgungs- und Wirtschaftsbereiche.
Ein Blick auf die Nachfrageentwicklung nach Lohnsegment zeigt, dass das Drittel der Berufsgruppen mit den höchsten ausgeschriebenen Löhnen und Gehältern besonders starke Einbußen verzeichnet hat. Es sind also momentan eher die hochdotierten Stellen, die weniger ausgeschrieben werden, während der Nachfragerückgang im mittleren und niedrigsten Lohnterzil weitaus langsamer verläuft.
Ein Teil dieses Auseinanderdriftens könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass Jobs im unteren Lohndrittel eine höhere Fluktuationsrate aufweisen und im Vergleich zu besser bezahlten Stellen zunehmend schwieriger zu besetzen sind.
Gleichzeitig könnte es auch ein Indiz dafür sein, dass Unternehmen in wirtschaftlich unsicheren Zeiten primär bei hochqualifizierten und kostenintensiven Positionen einsparen.
Wie sich dieser Trend im kommenden Jahr entwickelt, wird entscheidend davon abhängen, wie sich die wirtschaftliche Lage und die Unsicherheiten auf den Arbeitsmarkt auswirken. Sollten sich die konjunkturellen Rahmenbedingungen stabilisieren oder verbessern, könnten insbesondere hochqualifizierte Stellen wieder stärker nachgefragt werden. Die Wissensökonomie birgt dabei erhebliche Potenziale, um nicht nur den Arbeitsmarkt, sondern auch die gesamte Wirtschaft nachhaltig zu stimulieren. Investitionen in Schlüsselbereiche wie etwa nachhaltige Energiewirtschaft, künstliche Intelligenz oder verbesserte Produktionsprozesse können wichtige Impulse für Produktivitätssteigerungen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten geben. Dies setzt jedoch voraus, dass Unternehmen und politische Entscheidungsträger*innen eine langfristige Vision verfolgen, die Bildung und Weiterbildung fördert, den Zugang zu Spitzentechnologien erleichtert und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen schafft.
Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach Tätigkeiten im unteren Lohndrittel stabil, auch weil einige Bereiche für die Sicherstellung betrieblicher Abläufe unverzichtbar sind. Diese Jobs könnten, insbesondere bei Fachkräfteengpässen, langfristig von einer verbesserten Automatisierung und Digitalisierung profitieren, was die Effizienz und gleichzeitig die Attraktivität dieser Berufe durch höhere Wertschätzung und bessere Arbeitsbedingungen steigern könnte. Die Kombination aus technologischem Fortschritt und gezielten Investitionen könnte somit zu einem inklusiveren und widerstandsfähigeren Arbeitsmarkt führen.
Trend 2: Der Kampf um Talente entspannt sich
Die vergangenen Jahre waren von einem verstärkten Wettbewerb um Fach- und Arbeitskräfte geprägt, insbesondere nach der Pandemie, als strukturelle Engpässe mit einem konjunkturell bedingten Nachfrageboom zusammentrafen. Aktuell beobachten wir nun eine deutliche Abkühlung des Arbeitsmarktes, was sich inzwischen auch in anderen Indikatoren als dem Indeed Stellenindex niederschlägt. Beispiel Gehaltstransparenz: Angesichts des angespannten Arbeitsmarktes hatte sich der Anteil der Stellenanzeigen mit Gehaltsangabe zwischen Januar 2019 und August 2023 mehr als verzehnfacht, von 1,7 % auf 17,2 %. In Zeiten starken Wettbewerbs um Talente kann es für Unternehmen durchaus sinnvoll sein, im Vorfeld mehr Gehaltsdaten preiszugeben, um Bewerber*innen anzuziehen und/oder Zeit bei Verhandlungen zu sparen. Seit letztem Jahr stagnierte die Gehaltstransparenz jedoch und bleibt aktuell hinter ihren Höchstwerten zurück. Das zeigt, dass Arbeitgebende dieses Mittel der Mitarbeiteranwerbung, das sich in Zeiten verstärkter Konkurrenz um Fachkräfte zu bewähren schien, vorerst nicht weiter ausbauen wollen. Bis zum Jahr 2026 hat Deutschland noch Zeit, die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz umzusetzen, laut der Unternehmen im Bewerbungsprozess Informationen über die von ihnen gezahlten Löhne kommunizieren müssen. Bei anhaltend sinkender Nachfrage und Entspannung im Wettbewerb um Fach- und Arbeitskräfte wird die Gehaltstransparenz in Deutschland möglicherweise weiter stagnieren – zumindest bis zur Einführung bzw. Ankündigung einer nationalen Gesetzgebung.
Die Gehaltsangaben in Stellenanzeigen werden verwendet, um den Indeed Wage Tracker zu berechnen, der nahezu in Echtzeit die Entwicklung der ausgeschriebenen Löhne und Gehälter wiedergibt. Diese entwickeln sich in der Regel dynamischer als die Gehälter in bestehenden Arbeitsverhältnissen und sind u.a. ein Indikator für die allgemeine Angespanntheit des Arbeitsmarktes. In den vergangenen Monaten lag das Wachstum im Indeed Gehaltstracker konstant über der Inflationsrate, die seit Anfang des Jahres stabil unter 3 % geblieben ist. Das sind auf den ersten Blick gute Neuigkeiten für Jobwechsler*innen: Die in Aussicht stehenden Gehälter sind in diesem Jahr etwas stärker gewachsen als die Verbraucherpreise, sodass real höhere Gehälter ausgelobt werden als noch vor einem Jahr. Hier könnten auch die tarifgebundenen Gehälter eine Rolle spielen, die dieses Jahr ebenfalls zugelegt haben. Sie betreffen mit 49 % einen Gutteil der Arbeitnehmenden und spiegeln sich auch im Gehaltstracker wider. Allerdings ist die Anzahl der offenen Stellen deutlich gesunken, was die realen Aussichten etwas verringert, in den Genuss der ausgeschriebenen Löhne zu kommen. Dennoch ist bei weiterhin sinkender Nachfrage davon auszugehen, dass die Nominalgehälter im nächsten Jahr wieder zu niedrigeren Wachstumsraten zurückkehren.
Mit dem Indeed Remote Tracker messen wir einen der wichtigsten nicht-monetären Benefits, der durch die Pandemie stark zugenommen hat. Inzwischen ist das Homeoffice zu einer festen Größe am Arbeitsmarkt und somit auch in Indeed-Stellenanzeigen geworden. Im Kampf um wertvolle Fachkräfte setzen viele Arbeitgebende weiterhin auf räumliche Flexibilität: Rund 14 % der Stellenanzeigen auf Indeed erwähnen Homeoffice- oder Remote-Arbeit, der Wert ist damit seit seinem Höchststand von 16,5 % im Februar 2023 leicht gesunken. Der Gesamtanteil wird stark von den Berufsgruppen mit den meisten Homeoffice-Angeboten geprägt: Bei diesen liegt der Anteil aktuell bei über 40 %, während die meisten Berufsgruppen im Schnitt unter der 10 %-Marke bleiben. Sowohl im Gesamtschnitt als auch in den remote-stärksten Berufsgruppen ist der Anteil seit seinem Höchstwert jeweils leicht gesunken. Aktuell häufen sich die Berichte über Unternehmen, die ihre remote oder im Homeoffice arbeitenden Kolleg*innen ins Büro zurückbeordern. Früher oder später könnte sich diese sinkende Bereitschaft zu räumlicher Flexibilität auch noch stärker in Stellenanzeigen niederschlagen – der Zenit scheint hier jedenfalls vorerst überschritten zu sein.
Der Arbeitsmarkt befindet sich derzeit in einer Phase der Neujustierung, in der die Prioritäten von Unternehmen und Arbeitnehmenden gleichermaßen neu verhandelt werden. Während Gehaltstransparenz und Homeoffice in den vergangenen Jahren als wichtige Instrumente im Wettbewerb um Fachkräfte dienten, signalisiert die aktuelle Entwicklung eine vorsichtige Konsolidierung dieser Maßnahmen. Im kommenden Jahr rechnen wir vorerst mit einer Fortführung dieser Tendenz, bevor sowohl gesetzliche Maßnahmen (wie das Gehaltstransparenzgesetz) als auch weitere strukturelle Veränderungen und das nach wie vor ungelöste Fachkräfteproblem erneut Impulse für flexible Arbeitsmethoden setzen könnten.
Denn es ist klar: Transparenz und Flexibilität werden langfristig entscheidende Erfolgsfaktoren sein, um Talente zu gewinnen und zu binden. Unternehmen, die diese Trends frühzeitig strategisch angehen, könnten sich einen nachhaltigen Vorteil sichern – insbesondere in einem Marktumfeld, das zwar kurzfristig an Druck verliert, aber weiterhin von strukturellen Herausforderungen geprägt bleibt.
Trend 3: Das internationale Interesse an Jobs in Deutschland flacht ab
Der demografische Wandel schreitet voran: Im zweiten Quartal 2024 war gut ein Viertel der Erwerbstätigen über 55 Jahre alt. Besonders hoch war der Anteil beispielsweise in der Land- und Forstwirtschaft (40 %), im Bereich Verkehr und Lagerei (30 %), der öffentlichen Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung (29 %) und im Baugewerbe (28 %). Doch selbst in dem Wirtschaftszweig mit dem geringsten Anteil an Beschäftigten über 55 Jahren – Information und Kommunikation – lag dieser bei etwa einem Fünftel. Über die nächste Dekade wird demnach planmäßig ein nicht unerheblicher Teil der Erwerbsbevölkerung in Rente gehen. Der demografische Wandel wird so auf dem Arbeitsmarkt für große Lücken sorgen: Laut Statistischem Bundesamt wird es selbst bei einem hohen Wanderungssaldo bis Mitte der 30er Jahre zu einem Rückgang der Zahl der Menschen im Erwerbsalter kommen. Allein im Pflegebereich könnte selbst bei optimistischer Rechnung in zehn Jahren eine Lücke von etwa 90.000 Arbeitskräften klaffen. Es ist also klar, dass die deutsche Wirtschaft in vielen Bereichen auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen sein wird. Bereits heute geht die steigende Beschäftigung in Deutschland rechnerisch ausschließlich auf Zuwächse in der Beschäftigung von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit zurück. Zwischen August 2023 und August 2024 ist diese um 280.000 gestiegen, während die der Menschen mit deutschem Pass, vermutlich aufgrund der steigenden Anzahl von Renteneintritten, insgesamt um 200.000 gesunken ist. Die Zuwanderung nach Deutschland hat im Jahresvergleich zugenommen. Seit Anfang des Jahres sind laut IAB-Zuwanderungsmonitor fast 1 Million Menschen nach Deutschland gezogen.
Der Anteil der Suchanfragen auf Indeed in Deutschland, die aus dem Ausland getätigt wurden, lag im September 2024 bei 5,4 %, während die in Deutschland getätigten Suchanfragen zu 4,8 % ins Ausland gingen. Hier zeigt sich bei den Suchen aus dem Ausland ein deutlicher Anstieg seit 2020 – zuletzt stagnierte der Anteil jedoch. Das grundsätzlich leicht steigende Interesse an Jobs aus dem Ausland, das auch in anderen Ländern Europas zu beobachten ist, scheint also aktuell abzuflachen.
Dabei variiert das Interesse ausländischer Jobsuchender nach Berufsgruppe. Mit rund einem Zehntel aller seit Jahresbeginn verzeichneten Klicks aus dem Ausland war der Bereich Softwareentwicklung der attraktivste für Interessierte aus dem Ausland: Der Klickanteil aus dem Ausland war mehr als doppelt so hoch wie sein Anteil am Job-Mix. Auch Jobs in Marketing, Kundenservice, Data Analytics & Informationsmanagement sowie im Bereich Medien & Kommunikation sind aktuell unter den Klicks aus dem Ausland überproportional vertreten. Andere Bereiche waren dagegen in den Klicks aus dem Ausland im Vergleich zu ihrem Anteil an den Stellenanzeigen etwas unterrepräsentiert. Das gilt in besonders starkem Maße für Jobs im Bereich Handwerk, Technik & Mechanik, der seit Jahresbeginn rund ein Zehntel der Stellenanzeigen ausmacht, aber nur 4,6 % der Klicks aus dem Ausland erhielt. Auch Einzelhandel, Vertrieb, Pflege und Bauwesen waren bei den Auslands-Klicks stark unterrepräsentiert.
Das Zuwanderungsinteresse in die verschiedenen Wirtschaftsbereiche hängt von verschiedenen Faktoren ab. So spielt neben der Anerkennung von Berufsabschlüssen, Sprachanforderungen und der aktuellen Arbeitsnachfrage auch die Entlohnung eine zentrale Rolle. Dass vorwiegend Berufsgruppen mit überdurchschnittlichen Gehältern Interesse aus dem Ausland anziehen, überrascht daher wenig – ein internationaler Umzug muss sich auch finanziell rechnen. Die zentrale Herausforderung besteht darin, die Attraktivität von Berufsgruppen mit drohender Fachkräfteknappheit zu steigern – auch für potenzielle Kandidat*innen aus dem Ausland. Besonders stark betroffen sind dabei Berufe im Handwerk, in der Pflege sowie im Bauwesen, die nicht nur mit einer alternden Belegschaft zu kämpfen haben, sondern auch bei internationalen Bewerber*innen auf geringes Interesse stoßen.
Um die Attraktivität Deutschlands für internationale Fachkräfte zu verbessern, sind langfristige Maßnahmen entscheidend. Neben Gehältern, Arbeitsbedingungen und Sprachkursen werden auch weitere Rahmenbedingungen eine Rolle spielen, wie etwa die Willkommenskultur, die Lebensbedingungen für Familien und die Verfügbarkeit von Wohnraum und Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Dabei stehen Unternehmen vor der Herausforderung, mögliche Defizite in diesen allgemeinen gesellschaftlichen Bereichen mit eigenen, oft kostenintensiven Maßnahmen – wie beispielsweise international kompetitiven Gehältern – zu kompensieren, um für internationale Kandidat*innen konkurrenzfähig zu bleiben. Durch transparente Regelungen, beschleunigte Verfahren und gezielte Unterstützungsangebote könnten internationale Talente ermutigt werden, ihre berufliche Zukunft in Schlüsselbranchen mit wachsendem Fachkräftebedarf in Deutschland zu suchen.
Trend 4: KI bleibt Nischenphänomen, wenn Investitionen ausbleiben
Jobs, die ausdrücklich mit Bezug auf die Nutzung künstlicher Intelligenz ausgeschrieben werden, sind aktuell ein Nischenphänomen: Der Anteil der Stellenanzeigen, die KI-Begriffe enthalten, liegt bei etwa 2 %. Nach einem vorübergehenden Anstieg in den Jahren 2021/22 ist er damit aktuell wieder auf sein Vor-Pandemie-Niveau zurückgekehrt. Der Anteil der Stellenanzeigen auf Indeed in Deutschland, die Begriffe rund um generative KI enthalten, ist zwar in den vergangenen zwei Jahren stark angestiegen, bleibt aber mit 0,17 % Ende Oktober 2024 äußerst niedrig und unterliegt Schwankungen. Dennoch wird der vielfältig einsetzbaren Technologie eine große transformatorische Kraft zugetraut: Die effektive Nutzung von KI im Allgemeinen – und generativer KI im Besonderen – kann einzelne Arbeitsschritte ersetzen und Prozesse beschleunigen. Immer wieder steht sie im Verdacht, menschliches Wissen und Können derart gut ersetzen zu können, dass dadurch Arbeitsplätze verloren gingen. Dabei sind größere Arbeitsplatzverluste aufgrund der Einführung von GenAI bislang nicht belegt. Es wird vielmehr erwartet, dass KI-Technologien im Allgemeinen menschliche Arbeit ergänzen werden, anstatt sie vollständig zu ersetzen.
Der geringe Prozentsatz an Stellenanzeigen, die KI und GenAI erwähnen, könnte teilweise dem Umstand geschuldet sein, dass Firmen die (passive) Nutzung der Technologie bereits als Produktivitätstool voraussetzen – ähnlich wie andere digitale Standardsoftware nicht in jeder Stellenanzeige erwähnt wird, für die sie dennoch vorausgesetzt wird.
Was Jobs in der (aktiven) Weiterentwicklung oder in größeren Einsatzbereichen von KI-Tools angeht, sind Investitionen in neue Technologien und in die damit verbundene Expertise im Betriebsalltag derzeit ebenso von konjunkturellen Schwankungen betroffen wie alle anderen Investitionen. Unternehmen werden diese Schritte daher nur dann gehen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und das Marktumfeld ausreichend Stabilität bieten, um langfristige Investitionen zu rechtfertigen. Bislang bleibt die KI-Nutzung in größerem Stil in Deutschland in dieser Hinsicht tatsächlich ein Randphänomen: Nicht alle Firmen, für die KI theoretisch relevant sein könnte, nutzen die Technologie. Im Jahr 2023 waren das etwa 12 % der Unternehmen in Deutschland; 72 % der Unternehmen, die KI nicht verwendeten, gaben fehlendes Wissen als Grund für den Nichtgebrauch an; 54 % nannten die Inkompatibilität mit vorhandenen IT-Systemen.
Das muss nicht unbedingt so bleiben: Im nächsten Jahr könnte die Nutzung wieder Fahrt aufnehmen, wenn Unternehmen klarer erkennen, wie KI-Lösungen ihren Geschäftszielen nützen können oder wenn neue technologische Entwicklungen konkrete Mehrwerte bieten. Es ist denkbar, dass insbesondere jene Berufsgruppen, die strukturell stärker unter Fachkräfteengpässen leiden, schneller zu dem Punkt kommen könnten, an dem der Einsatz unterstützender KI-Technologien unvermeidlich wird. Um das volle Potential von KI-Lösungen zu nutzen, muss jedenfalls verstärkt in die nötige Expertise investiert werden.
Trend 5: Flexibilität boomt, doch Quereinstiegsjobs stagnieren
In Zeiten von Arbeitskräfteknappheit steigt die Bereitschaft der Unternehmen, auch quereinsteigende Kandidat*innen für Posten in Betracht zu ziehen. Die Rechnung ist simpel: Das Beharren auf den „richtigen” Bildungsabschlüssen reduziert den Bewerberpool, der Verzicht darauf erweitert ihn. Ohnehin wird Flexibilität üblicherweise besonders demjenigen abverlangt, der gerade etwas weniger Verhandlungsmacht besitzt. Seit 2020 hat sich der Anteil der Stellenanzeigen, die explizit Begriffe rund um Quereinstieg und Karrierewechsel erwähnen, konstant erhöht. Seit einem Jahr nun steigt die Bereitschaft, Wechsler*innen anzuwerben, nicht mehr weiter an, wird aber immerhin weiterhin in rund 4,5 % der Stellenanzeigen erwähnt. Die Entwicklung lässt sich nicht auf eine veränderte Zusammensetzung der Berufe zurückführen: Auch nach Gewichtung gemäß der Berufsstruktur von 2020 zeigt sich dasselbe Muster.
Der Anstieg der Stellenanzeigen, die explizit Quereinsteigende adressieren, spiegelt die tiefgreifenden wirtschaftlichen Transformationsprozesse wider. Die Digitalisierung, der technologische Wandel und der Fachkräftemangel brachten Unternehmen dazu, traditionelle Recruiting-Strategien zu überdenken und Talente jenseits klassischer Ausbildungswege für offene Stellen in Erwägung zu ziehen. Die jüngste Stagnation dieser Entwicklung lässt sich wohl hingegen primär auf die konjunkturelle Flaute zurückführen: Wirtschaftliche Unsicherheiten, gedämpfte Wachstumserwartungen und vorsichtigere Investitionsstrategien führen dazu, dass Unternehmen bei Neueinstellungen zurückhaltender werden. In einem solchen Umfeld sinkt die Bereitschaft, Risiken durch die Einstellung von Quereinsteigenden einzugehen, die erst eine Einarbeitungszeit oder Qualifizierung benötigen. Durch den etwas gesunkenen Wettbewerbsdruck um Talente sind Arbeitgebende zudem nicht mehr so stark darauf angewiesen, ihren Kandidat*innenpool mit allen Mitteln zu erweitern.
Auf Seiten der Jobsuchenden ist die Bedeutung des Quereinstiegs ebenfalls angestiegen. Rund 3 % der Suchanfragen auf Indeed Deutschland verwendeten im Oktober 2024 einen der entsprechenden Schlüsselbegriffe, der Anteil hat sich somit seit Oktober 2019 verdoppelt. Von einer Stagnation kann hier keine Rede sein: Seit Ende letzten Jahres sind die Suchanfragen anteilig von 2,5 % im Dezember 2023 noch einmal gestiegen. Dieser Trend deutet darauf hin, dass immer mehr Menschen bereit sind, sich beruflich neu zu orientieren – sei es aufgrund von veränderten Interessen, wirtschaftlichem Druck oder dem Wunsch nach besseren Arbeitsbedingungen.
Diese Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage zeigt, dass Jobsuchende zunehmend die Initiative ergreifen wollen und einen weiteren Schritt in Richtung Neuorientierung gehen, während Arbeitgebende aktuell auf der Stelle treten. Angesichts des weiterhin schwelenden Fachkräftemangels und der wachsenden Bereitschaft zu beruflicher Neuorientierung wäre es jedoch sinnvoll, flexible Einstellungspraktiken stärker voranzutreiben. Dies könnte nicht nur helfen, Engpässe zu überwinden, sondern auch die berufliche Mobilität fördern und langfristig sowohl Arbeitgebenden als auch Arbeitnehmenden zugutekommen.
Ausblick
Der deutsche Arbeitsmarkt steht weiterhin vor zahlreichen Herausforderungen, die teils struktureller Natur sind, jedoch zunehmend auch die deutliche wirtschaftliche Abkühlung widerspiegeln. Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist gesunken und wird wohl auch im nächsten Jahr weiter abfallen, besonders bei den besser bezahlten Jobs aus dem Bereich der Wissensökonomie. Die Gehälter und Löhne haben zuletzt dem Rückgang der Inflation getrotzt, bei den aktuellen konjunkturellen Bedingungen wird der Lohndruck nach unten jedoch vermutlich wieder steigen. Aktuell nimmt die Transparenz bei Gehältern eher ab. Auch die Flexibilität in Bezug auf mobiles Arbeiten und Homeoffice ist tendenziell rückläufig. Was das Interesse internationaler Jobsuchender angeht, sind die Suchanfragen in den vergangenen Jahren zwar grundsätzlich gestiegen, die Zunahme hat sich aber zuletzt stark verlangsamt. Zudem landet das Zuwanderungsinteresse aktuell noch nicht in den Berufsfeldern mit den größten Bedarfen an Fachkräften. Hier könnten effektive Anwerbestrategien helfen, das Ruder herumzureißen. KI bleibt zahlenmäßig weiterhin ein Randphänomen, könnte aber an Wichtigkeit gewinnen, wenn der Nutzen die Kosten für eine zunehmende Anzahl der Arbeitgebenden übersteigt. Insgesamt wandert etwas mehr Verhandlungsmacht wieder in Richtung der Arbeitgebenden, während der Druck zu mehr Flexibilität bei den Jobsuchenden weiter wächst.
Die derzeitige Lage des deutschen Arbeitsmarktes mag von Herausforderungen geprägt sein, doch gerade in dieser Phase bieten sich bemerkenswerte Chancen für einen Neuanfang und nachhaltige Transformation. Es werden einige Arbeitgebende zur Neuausrichtung gezwungen sein und dazu, Strukturen zu überdenken und Prozesse zu modernisieren. Die wachsende Bedeutung von Themen wie Klimaschutz, Energiewende, KI und Digitalisierung – und damit sich wandelnde Berufsfelder – werden notwendigerweise auch wieder die Möglichkeiten für Quereinsteigende verbessern. Wichtig wird sein, mehr auf vorhandene Kompetenzen und Weiterbildung zu setzen denn auf starre Qualifikationsanforderungen und zudem vorhandene Potenziale auszuschöpfen, wie beispielsweise bei der Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen und älteren Menschen. Unternehmen, die diese Entwicklungen aktiv gestalten, können sich nicht nur einen Wettbewerbsvorteil sichern, sondern auch als attraktive Arbeitgebende positionieren, die nicht nur den Status quo bewahren, sondern aktiv die Zukunft mitgestalten. Der erste Schritt in Richtung dieser optimistischeren Szenarien mag schwierig sein, doch er bietet die Chance, alte Muster zu überwinden und den Arbeitsmarkt langfristig widerstandsfähiger, inklusiver und innovativer zu gestalten. Indem Unternehmen und politische Akteure mutig auf Veränderungen reagieren und sich für flexible Lösungen öffnen, können sie die Weichen für eine nachhaltige Zukunft stellen, in der sich wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftlicher Fortschritt miteinander verbinden lassen.
Methodik
Gehaltstransparenz
Wir berechnen den Anteil der Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen, indem wir die Anzahl der individuellen Stellenausschreibungen mit einem Gehalt durch die Gesamtzahl der individuellen Anzeigen in einem bestimmten Monat teilen. Die Gehaltsangaben stammen aus Stellenanzeigen, die auf Indeed.com veröffentlicht wurden. Unterschiede zu einer früheren Analyse der Gehaltstransparenz sind auf ein Methoden-Update zurückzuführen. Dieses hatte zum Ziel, die Verfahren für alle Länder zu harmonisieren und eine einheitliche Grundgesamtheit an Stellenanzeigen sicherzustellen.
Jobs mit Homeoffice-Affinität vs. Jobs mit hohen Präsenzanforderungen
Das Indeed Hiring Lab berechnet regelmäßig die Homeoffice-Affinität der Indeed-Berufssektoren. Auf Basis dieser Tabelle wird hier die Gruppe der Berufsbereiche mit hohen Präsenzanforderungen definiert, die aus den folgenden Berufsgruppen besteht: Bauwesen; Beauty & Wellness; Bildung & Erziehung; Einzelhandel; Gesundheits- & Krankenpflege, Altenpflege; Häusliche Pflege, Sozialpflege, Kinder-, Jugend-, Familienhilfe; Lagerhaltung; Land-, Forst-, Tierwirtschaft & Gartenbau; Lebensmittelzubereitung, -herstellung, -verkauf & Gastronomie; Medizintechnik; Pharmazie; Produktion & Fertigung; Reinigungsdienste; Sozialdienst & Sozialarbeit; Therapie; Transportwesen; Zahnmedizin.
Grenzüberschreitende Suchen und Klicks
Diese Analyse konzentriert sich auf die Länder, in denen Indeed eine Website betreibt, in denen Suchanfragen oder Klicks aufgezeichnet werden, sowie auf die Länder, in denen sich die IP-Adresse des Nutzers befindet. Dies ist relevant für die Definition von inländischen und grenzüberschreitenden Suchen und Klicks. Eine inländische Suche wird von einem Nutzer durchgeführt, dessen IP-Standort sich im selben Land befindet wie die Indeed-Website, auf der er die Suche durchgeführt hat. Eine grenzüberschreitende Suche wird von einem Nutzer durchgeführt, der sich in einem anderen Land befindet als die Indeed-Website, über die er die Suche durchführt. Ein Klick ist das Anklicken eines Stellenangebots in den Suchergebnissen durch den Nutzer, wodurch sich die vollständige Stellenbeschreibung öffnet. Wir interpretieren dies als eine Demonstration des Interesses an einer bestimmten aufgelisteten Stelle. Wie bei der Suche werden auch die Klickdaten anonymisiert und können nicht mit den Nutzer*innen in Verbindung gebracht werden.
Quereinstiegs-Suchbegriffe
Für die Analyse wurden folgende Such- und Schlüsselbegriffe verwendet: „berufliche veränderung“, „beruflicher neustart“, „berufliche neuausrichtung“, „berufswechsel“, „berufswechsler*“, „branchenwechsel“, „branchenwechsler*“, „career change“, „karrierewechsel“, „neuorientierung“, „quereinsteiger*“, „quereinstieg“, „seiteneinsteiger*“, „umsteiger*“ sowie „berufsfremde qualifikation“.