Olympia-Insights aus Paris: Wie stehen die Medaillenchancen der Deutschen?

Olympia-Insights aus Paris: Wie stehen die Medaillenchancen der Deutschen?

Man kann sich das Olympische Golfturnier ab Donnerstagmorgen im Fernsehen anschauen, doch was bis dahin vor Ort passiert, das sieht man nicht. Dafür ist Golf Post Chefredakteur Tobias Hennig nach Paris gereist und berichtet täglich über alles, was man sonst nicht sieht, liest oder hört. Der Journalist teilt seine Einschätzungen und Recherchen, berichtet von Gesprächen und Erlebnissen, die man nur vor Ort ergattern kann. Vor dem Turnierstart schätzt er die Medaillenchancen der Deutschen ein, erklärt die Schwierigkeiten des Platzes und berichtet von der Stimmung in Paris und Versailles.

Insights vom Golfturnier bei Olympia 2024

Golf Post: Was haben wir von Matti Schmid und Stephan Jäger zu erwarten? Haben die beiden Medaillenchancen?

Tobias Hennig: Beide haben als Ziel eine Medaille ausgegeben. Zumindest ihrer Einschätzung nach ist das also möglich. Was sollten sie aber auch anderes sagen? Schaut man auf die Medaillengewinner der letzten Olympischen Spiele, waren mit Rory Sabbatini und CT Pan auch definitiv Überraschungen auf dem Podest dabei. Warum sollte das nicht auch für die deutschen Starter bei Olympia 2024 möglich sein? Der Betreuerstab, so war aus Gesprächen am Mittwoch zu erfahren, ist zuversichtlich gestimmt.

Stephan Jäger hatte mit seiner späten Anreise sicherlich nicht die beste Vorbereitung, doch machte er auf seiner einzigen Proberunde einen fitten und energischen Eindruck. Zuletzt fehlte es an Konstanz, doch als PGA-Tour-Sieger ist er definitiv in der Lage, die anderen 59 Starter zu schlagen. Matti Schmid hat letzte Woche gezeigt, dass er gut drauf ist. Insbesondere am Wochenende arbeitete er sich beim Turnier auf der PGA Tour noch weit nach vorn. Sein Spiel sah am Mittwoch gut aus. Auf gleich zwei Par-3s fehlten zum Hole-in-One nur Zentimeter. Wenn er den Ball im Turnier genauso trifft und bei den vier Runden keinen Ausreißer nach unten dabei hat, ist auch ihm eine Top-Platzierung zuzutrauen.

Golf Post: In welchem Zustand präsentiert sich der Platz, Le Golf National?

Tobias Hennig: Der Platz ist in einem atemberaubenden Zustand. Stephan Jäger befand in unserem Gespräch sogar, es sei der beste Platzzustand, den er in Europa je gesehen habe. Trotz der Hitze und der teils unwetterartigen Regenfälle hat es das Greenkeeper-Team hinbekommen, Le Golf National optimal auf die Olympischen Spiele 2024 vorzubereiten. Michael “Mike” Waite, Caddie von Olympionike Matti Schmid, kennt den Platz von zahlreichen Turnieren wie der French Open. Er meinte am Mittwoch, als wir mit Matti auf der Proberune waren, dass er den Platz noch nie in einem so guten Zustand gesehen habe. Generell ist der Platz sehr offen, sodass es mehr oder weniger keinen Schatten gibt.

Die Fairways sind allerdings alles andere als offen. Der Platz ist schmal und das Rough extrem dicht, saftig und tief. Eine unangenehme Mischung, aus der sich die Herausforderungen, der sich die 60 Teilnehmer beim Golfturnier bei Olympia 2024 stellen müssen, schnell erklärt. Die Hitze sollte sich zum Turnierstart am Donnerstagmorgen etwas gelegt haben. Allerdings wird die Sonne auch bei Temperaturen um die 25 Grad die Spieler zum Schwitzen bringen.

Golf Post: Wie ist die Stimmung vor Ort?

Tobias Hennig: Das kommt ein wenig darauf an, wo man ist und wen man fragt. Paris, das merkt man schnell nach der Ankunft, vibriert. An allen Ecken und Enden sieht man Helferinnen und Helfer, die parat stehen, um suchenden Besucherinnen und Besuchern zu helfen. Die Stimmung auf den Anlagen, sei es Tennis, Beachvolleyball, Fechten, Turnen oder Schwimmen, ist großartig. Ich bin gespannt, wie viele Fans nach Versailles kommen, um das Golfturnier zu sehen. Bis zu 25.000 Menschen dürfen täglich auf die Anlage. Hoffentlich werden die auch kommen und einen würdigen Rahmen für das fünfte Olympische Golfturnier der Geschichte liefern.

Die Spieler wiederum haben mittlerweile Gefallen daran gefunden, dass Golf bei Olympia präsent ist. Von “Golf hat keine Olympische Geschichte” hört man nichts mehr. Stattdessen betonen Briten, Kanadier, Amerikaner und Deutsche unisono, dass sie eine Medaille sehr schätzen würden. Zumal sie ja alle Sportfans sind und sich auch für viele andere Disziplinen bei den Olympischen Spielen begeistern. Sich mit anderen Athletinnen und Athleten, die auch Gold, Silber oder Bronze gewonnen haben, in einer Reihe zu sehen, würde ihnen allen gefallen.

Hier auf dem Golfplatz bei Versailles ist allerdings bisher gar keine Stimmung, denn zu den Proberunden kamen praktisch keine Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Journalistinnen und Journalisten sind im besten Fall neutral gestimmt. Zwar ist das Presse-Team vor Ort hilfreich und sehr freundlich, das Pressecenter klimatisiert, doch die Versorgung vor Ort ist grauenhaft. Am Dienstag gab es außer Wasser auf dem gesamten Gelände gar nichts. Am Mittwoch war dann immerhin ein Verkaufsstand geöffnet. Dort zahlt man allerdings für ein paar Pommes mit vier Chicken Nuggets 18 Euro. Andere Gerichte gab es nicht. Die Getränke waren alle warm. Zudem kann man nur mit Karten des Hauptsponsors Visa oder bar zahlen. Da blieb der ein oder andere Bauch leer, denn informiert wurde im Vorfeld niemand darüber. Ich erwarte kein kostenfreies Catering (was bei allen! anderen Turnieren, die ich in zehn Jahren bisher erlebt habe, Standard war), aber eine Basis-Versorgung zu vernünftigen Preisen wäre angebracht. Spätestens mit Turnierstart, sollte zumindest das Angebot größer werden, denn “Fressbuden” gibt es eigentlich genug. Und dann hatten auch die Kühlschränke genug Zeit, ihre Arbeit zu tun.

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