Deutschland ist Europameister bei der Bestandsdatenabfrage bei großen Tech-Unternehmen. Über einen Zeitraum von zehn Jahren forderten deutsche Behörden seit 2013 Nutzerinformationen zu 709.400 Konten von Apple, Meta, Google und Microsoft an.
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Umgerechnet auf die Bevölkerungszahl steht die Bundesrepublik damit weltweit auf Platz 2 hinter den USA und in Europa auf Platz 1 (850 begehrte Account-Auskünfte pro 100.000 Einwohner). Das sind 57 Prozent der abgefragten Konten in Westeuropa.
Zum Vergleich: Österreich landet auf Platz 22 weltweit mit 136 Bestandsdatenabfragen pro 100.000 Bürgern, die Schweiz auf Platz 15 mit 245 entsprechenden Ersuchen. Deutsche Behörden beantragten so mehr als siebenmal so viele Auskünfte zu Nutzerkonten pro Einwohner wie der weltweite Durchschnitt.
Die Zahlen stammen aus einer jetzt veröffentlichten Auswertung der Transparenzberichte der vier Big-Tech-Konzerne durch den VPN-Anbieter Surfshark unter Einbezug von 190 Ländern. Die Anfragen beziehen sich häufig auf strafrechtliche Ermittlungen. Behörden verlangen die Nutzerdaten aber auch in zivil- oder verwaltungsrechtlichen Fällen, in denen sie digitale Beweise benötigen. Weltweit haben die erfassten Nationen zwischen 2013 und 2022 zusammen Auskünfte zu fast 9 Millionen Konten bei den vier Plattformbetreibern angefordert. Die Anzahl hat sich während dieser Dekade mehr als verachtfacht, wobei allein 2022 ein Anstieg von rund 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen ist.
Apple ist seit 2016 besonders auskunftsbereit
Auf die USA und die EU entfallen 58 Prozent aller Konten, die für die Behörden in der untersuchten Zeitspanne von Interesse waren. Die Summe der abgefragten Bestandsdaten in den USA seit 2013 liegt bei 3,3 Millionen. Damit liegen die Vereinigten Staaten auch in der Pro-Kopf-Auswertung auf Rang 1. Die Hälfte der Top-Ten-Länder liegt mit Deutschland, Frankreich, Irland, Portugal und Belgien in der EU. Singapur, Großbritannien, Südkorea und Brasilien bilden den Rest bei den meisten Ersuchen pro 100.000 Einwohnern.
Die vier Tech-Konzerne beantworten Anfragen für die Preisgabe der Daten aber nicht immer ganz oder auch nur teilweise. Deutsche Behörden erhielten bei 65,4 Prozent ihrer Ersuchen eine mehr oder weniger inhaltsreiche Auskunft. Google hat die meisten Ersuchen von hiesigen Behörden erhalten, Apple die wenigsten. In der Analyseperiode kamen die Unternehmen den Anfragen nach Nutzerdaten im Durchschnitt zu 72 Prozent nach. Apple ist seit 2016 am auskunftsfreudigsten und hat die Offenlegungsquote von 75 im Jahr 2016 auf 83 Prozent in 2022 gesteigert. Während der Durchschnitt des iPhone-Bauers bei 82 Prozent liegt, haben die restlichen drei Konzerne etwas niedrigere Auskunftsquoten: Google und Meta kommen auf 73, Microsoft landet bei 67 Prozent. Surfshark zeigt sich besorgt, dass die staatlichen Zugriffe auch auf Kommunikationsdaten von Nutzern mit der geplanten EU-Verordnung zur Chatkontrolle erheblich erweitert werden könnten.
(nie)