- Der Bau neuer Einfamilienhäuser in Deutschland geht seit Jahren zurück. Die Deutsche Bank erwartet, dass dies auch so bleibt.
- In Deutschland würden daher schon bald mehr alte Eigenheime abgerissen als neue gebaut.
- Gleichzeitig bleibt das Wohnen im Einfamilienhaus aber beliebt. Die absehbaren Folgen sind noch stärker steigende Preise für Kauf oder Miete.
Der „Traum vom Eigenheim“ gehört zu den Aufstiegserzählungen des Wirtschaftswunderlandes Deutschland. Ist er ausgeträumt? Seit Jahren geht der Bau neuer Einfamilienhäuser zurück. Hohe Zinsen und Baukosten, fehlende Grundstücke und Nachteile für Umwelt und Klima haben den Trend verstärkt. Schon bald werden mehr alte Einfamilienhäuser abgerissen als neue Häuser gebaut, schreibt die Deutsche Bank in einer Analyse und fragt: „Das Ende des Eigenheims?“.
Die Antwort lautet: Jein. Denn wenn auch kaum noch neue Eigenheime gebaut werden, so bleiben sie doch als Wohnform sehr begehrt. Die Nachfrage ist hoch, die Folge klar: Wohnen im Einfamilienhaus wird teurer, sei es Besitzer oder als Mieter.
Beim Neubau dürfte sich der Trend fortsetzen, schreibt Jochen Möbert, Analyst der Deutschen Bank Research. In Großstädten und Metropolregionen seien Eigenheime oft unerschwinglich. Eigenheime brauchen mehr Platz und hätten eine schlechtere Klima- und Umweltbilanz als Mehrfamilienhäuser mit vielen kleineren Wohnungen. In kleinen, ländlicheren Gemeinden dürften weiter Eigenheime entstehen.
Neubau von Eigenheimen stark rückläufig
„In den 1970er Jahren wurden jährlich noch rund 250.000 Eigenheime fertiggestellt“, so Möbert. Die Zahl fiel schon bis zur Wiedervereinigung unter 150.000. Dann sorgte ein Aufholeffekt im Osten für ein Zwischenhoch. Mitte der 1990er Jahre wurden wieder fast 250.000 Eigenheime pro Jahr gebaut. Dann folgte der Absturz bis auf das Allzeittief mit 84.000 Einheiten. Seither wurden nie wieder über 110.000 Eigenheime pro Jahr bezogen. Seit 2022 fällt die Zahl als Folge hoher Baukosten und Zinsen und der Unsicherheit über Regulierungen wie das Heizungsgesetz wieder unter 100.000
Gleichzeitig brachen die Baugenehmigungen für Eigenheime um rund 60 Prozent ein. Von Januar bis Mai 2024 wurden in Deutschland gerade der Bau von 15.500 Einfamilienhäusern genehmigt. „In den kommenden Jahren dürfte der Neubau also weiter kräftig zurückgehen“, schreibt Möbert.
Trend in die großen Städte, wo der Platz fehlt
„Die Urbanisierung ist ein langfristiger Treiber für den strukturellen Rückgang des Baus von Eigenheimen“, urteilt Möbert. In den Metropolen balle sich die Nachfrage nach Wohnraum. „Bauland und Wohnraum werden knapp und teuer. Preise und Mieten steigen“. Folglich werden kleine Wohnungen gegenüber großen Häusern bevorzugt. „Wir erwarten, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird“, so die Deutsche Bank. Der größere Fach- und Arbeitskräftemangel sollte den „Trend zum Bau von großen Mehrfamilienhäusern und kleinen Wohnungen fortsetzen“.
Eigenheime haben Nachteile für Klima und Umwelt
Ein zweiter Faktor sei der Trend zu „grünerem“ Bauen. „Auf einen Hektar passen in vielen Bauplänen nur etwa 25 Eigenheime, aber oft mehr als 100 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern“. Kleinere, nebeneinander liegende Wohnungen benötigen weniger Ressourcen als freistehende Häuser. „Gemäß unserem Wohngebäude-Klima-Modell verbrauchen Wohnungen in großen Mehrfamilienhäusern durchschnittlich rund 10.000 Kilowattstunden im Jahr und produzieren dabei rund zwei Tonnen CO2„, heißt es in der Analyse. „Zweifamilienhäuser weisen doppelt so hohe Werte und Einfamilienhäuser die 2,5-fachen Werte auf.“ Hinzu komme ein geringerer Bedarf an Baumaterialen wie Beton, Stahl und Glas pro Wohnung bei Mehrfamilienhäusern.
Viele Gemeinden und Städte bemühten sich zudem, die Versiegelung von Flächen zu verringern. Einige Gemeinden wie Hamburg-Nord, Münster und Wiesbaden würden Einfamilienhäuser bereits nur noch restriktiv genehmigen.
Werden bald keine Einfamilienhäuser mehr gebaut?
Setzt man den Trend in der Grafik oben fort, werden jedes Jahr rund 3.000 Eigenheime weniger gebaut. „Das letzte Eigenheim würde dann etwa im Jahr 2050 entstehen“, so Möbert. Eine simple Fortschreibung des Trends überzeichne die Entwicklung zwar. Der Bau von Eigenheimen würde langfristig aber auf einen Sockel von möglicherweise 20.000 – 40.000 Eigenheimen pro Jahr“ fallen.
In Deutschland gibt es laut dem neuen Census 2022 rund 16,3 Millionen Eigenheime. Noch. Ihre Zahl hat in den letzten Jahren kaum noch zugenommen. Bald dürfte sie stagnieren, dann geht es abwärts. „Wenn langfristig nur noch wenige 10.000 Eigenheime pro Jahr gebaut werden, dürfte der Bestand und damit das Marktangebot durch Abriss und Rückbau fallen“. In einigen Metropolen dürfte dieser Zeitpunkt schon früher eintreten.
Andererseits dürften Eigenheime auf absehbare Zeit eine begehrte Wohnform bleiben. „Aufgrund dieses Ungleichgewichts werden die Preise für Eigenheime voraussichtlich stärker als für Wohnungen steigen“. sagt die Deutsche Bank voraus. „Auch das Vermieten von Eigenheimen dürfte in vielen Städten und Metropolregionen künftig noch attraktiver werden, als es heute bereits ist.“