Mitten auf dem Marktplatz in Esslingen stehen die 3×3-Courts für den Turniertag bereit – aber mit einer Besonderheit. An diesem Wochenende wird hier nicht nur Fußgängerbasketball gespielt. Auch die Rollstuhlbasketballer*innen sind dabei. Mit einem Showtraining und einem offenen Inklusionsprogramm.
Sie machen Werbung. Denn Rollstuhlbasketball ist nicht nur für Menschen mit Einschränkungen geeignet, sondern für alle. In der Halle ist es oft schwer, auf diese Sportart aufmerksam zu machen. Aber hier, mitten in der Stadt, auf dem Marktplatz, ist das gut möglich. Alle sind eingeladen, einmal in den Rollstuhl zu steigen und selbst auszuprobieren. So entsteht schnell auch ein 3×3-Spiel, nur eben im Rollstuhl.
Die Standorte sind immer mitten im Geschehen
Marcel Pierer ist Abteilungsleiter beim MTV Stuttgart für die „Wheelers“, also den Rollstuhlsport. Und an diesem Wochenende in Esslingen als Organisator mit dabei. Er wünscht sich für kommende Turniere, dass „die Teilnehmer*innen sich auch einfach für Rollstuhlbasketball anmelden könnten. Das können dann natürlich drei Sportler*innen im Rollstuhl sein, aber auch ein Rollstuhlfahrer oder -fahrerin mit zwei Freunden.“
Und genau diese Möglichkeit gibt es bereits auf der MeinEinkaufsbahnhof 3×3-Germany Tour. Alain Fazal ist der Gründer der Tour, die es seit 2017 gibt. In diesem Jahr tourt sie mit zehn Stops durch ganz Deutschland. Die Standorte sind immer mitten im Geschehen. Zum Beispiel auf dem Bahnhofsvorplatz. Anmeldungen sind in den Jugend-, Frauen- und Männerkategorien möglich, aber es gibt auch eine Wheelchair-Kategorie.
Anmeldungen sind stark rückläufig
Denn das ist Alain Fazal besonders wichtig. „Meine Vision war immer, drei Säulen immer in ein Event zu integrieren. Das ist einmal der Leistungssport, also ne, sprich die, die es halt ich sag mal auf dem nahen professionellen Niveau spielen wollen, den Amateursport also den Breitensport und das Thema Inklusion.“
Die Wheelchair-Kategorie wurde 2018 eingeführt. Damals sind acht Mannschaften aus ganz Deutschland am Start gewesen und haben bei den Turnieren mitgespielt. Aber die Anmeldungen für die Kategorie Wheelchair sind stark zurückgegangen. „Wir erreichen die Teams irgendwie nicht. Also ich, wir wissen auch nicht, woran das liegt.“
Wheelchair-Basketball nicht nur auf dem Nebencourt
Und das, obwohl Fazal eng mit dem Deutschen Rollstuhl-Sportverband zusammenarbeitet. Dieser wirbt für die Turniere in den sozialen Medien und vergibt sogar Geldpreise für die Gewinner*innen der Stops. Im letzten Jahr ist für das Finale sogar ein Wheelchairteam aus Schweden angereist. Und für Fazal ist es auch wichtig, dass es für alle Teams gleiche Bedingungen gibt.
„Wheelchair und das ist ja auch immer so eine Philosophie auch, spielt dann nicht so alleine den ganzen Tag auf einem anderen Korb. Sondern die haben den gleichen, den gleichen Zyklus wie alle anderen Teams. Spielen mal auf dem Centercourt, spielen mal auf dem Nebencourt, halt immer so zwischen drinne.“
Noch stockt die Umsetzung
Aber woran liegt es dann, dass die Anmeldungen stetig rücklaufend sind? Sören Seebold ist im vergangenen Jahr selbst Teilnehmer der Tour gewesen. Mit seinem Team „Ballin‘ on wheels“ ist der U22-Rollstuhlbasketballnationalspieler bei den Stops in Hannover und Berlin dabei gewesen. Dieses Jahr ist er nicht dabei.
„Das große Problem ist eben, dass es dann eben mit anderen Sachen kollidiert. Zum Beispiel dieses Jahr hatten wir auch noch eine U23-EM in Madrid. Und dann will man sich natürlich vor solchen Sachen auch einfach nicht verletzen.“
Außerdem spielt Sören Seebold Mitte August in Wien bei der 3×3-Europameisterschaft mit. Eine Neuheit. Denn es ist das erste Jahr, in dem es die Kategorie Wheelchair gibt.
3×3-Turniere noch zu wenig verbreitet
Abgesehen vom Nationalmannschaftsfenster gibt es noch ein weiteres Problem an den 3×3-Turnieren: „Es ist einfach noch zu wenig verbreitet und es melden eben sich einfach noch zu wenige Teams an, weil es eben in den Vereinen auch noch nicht so ankommt. Und die Vereine glaube ich gerade erstmal froh sind, wenn sie eben für ihren Ligabetrieb ihre Leute zusammenkriegen.“
Für die Vereine und den Deutschen Rollstuhl-Sportverband heißt das: Mehr Werbung machen und generell mehr Menschen für Rollstuhlbasketball begeistern, damit diese integrative Turnierform weiter stattfinden kann. In Köln, München und Münster haben Vereine zum Beispiel Talenttage ausgerichtet, um Jugendliche an Rollstuhlbasketball heranzuführen.
Der Sport und die Events verbinden
Auch Alain Fazal möchte das Angebot weiter ausbauen. Denn die Fußgänger-Spieler*innen sehen ebenfalls die Vorteile in diesem Turnierkonzept. Lisa Kolb, die beim 3×3-Tour-Stop in Göttingen dabei ist, erzählt, dass solche Events verbinden. Die Spieler*innen lernen sich in dieser lockeren Atmosphäre anders kennen. Für sie steht fest:
„Uns verbindet eins. Der Sport. Und da ist völlig egal, ob man Fußgänger ist oder im Rollstuhl Basketball spielt.“
Auf diesen Spirit hofft Alain Fazal für das Final-Wochenende Ende August in Hannover. Dann sollen Rollstuhl- und Fußgänger-Basketballspieler*innen gemeinsam den Abschluss der Tour feiern – als Event der Inklusion und des Sports, das alle Grenzen überwindet.